Zum Faktum der multikulturellen Gesellschaft in der BRD

Hanna Arendt beschrieb das Klima in Deutschland mit folgenden Worten:
"Der wohl hervorstechenste und auch erschreckenste Aspekt der deutschen Realitätsfliucht liegt jedoch in der Haltung, mit Tatsachen so umzugehen, als handele es sich um bloße Meinungen.[...] Die Lügen totalitärer Propaganda unterscheiden sich von den gewöhnlichen Lügen, auch welche nichttotalitäre Regime in Notzeiten zurückgreifen, vor allem dadurch, daß ständig den Wert von Tatsachen überhaupt leugnen: Alle Fakten können verändert und alle Lügen wahrgemacht werden. Die Nazis haben das Bewußtsein der Deutschen vor allem dadurch geprägt, daß sie es darauf getrimmt haben, die Realität nicht mehr als Gesamtsumme harter, unausweichlicher Fakten wahrzunehmen, sondern als Konglomerat ständig wechselnder Ereignisse und Parolen, wobei heute wahr sein kann, was morgen falsch ist. Diese Abrichtung könnte exakt einer der Gründe dafür sein, daß man so erstaunlich wenig Anzeichen für das Fortbestehen irgendwelcher Nazipropaganda entdeckt und gleichzeitig ein ebenso erstaunliches Desinteresse an der Zurückweisung von Nazidoktrinen vorherrscht. Man hat mit der Unfähigkeit und dem Widerwillen zu tun, überhaupt zwischen Tatsache und Meinung zu unterscheiden."(H.Arendt, Besuch in Deutschland, in : Zur Zeit. Politische Essays, Berlin 1986 S.47)

Trotz des Faktums einer jahrhundertelangen Tradition einer multikulturellen Gesellschaft in Deutschland, nehmen Nationalismen das Faktum nicht einmal zur Kenntnis und warnen vor etwas, was nie anders war und nie anders sein wird, jedenfalls, wenn es nicht von irgendwelchen Nazis durch ethnische Säuberungen durchgesetzt wird. Wir leben immerhin seit einigen Jahrzehnen in einer Republik kultureller Freiheit. Im letzten Jahrzehnt haben gefährliche Ideologien an Publizität gewonnen, die daran etwas ändern wollen.
Sie drohen mit ihrer öffentlichen Wirksamkeit genau die Effekte herbeizuführen, vor denen sie warnen. Wenn die kulturelle Freiheit eingeschränkt wird, Minderheiten diskriminiert werden, dann hat das auch Rückwirkungen auf diese Minderheiten. Sie könnten unverträglicher und fundamentalistischer werden, wenn sie nicht anerkannt und ihren Rechten anerkannt werden.
Hier liegt die braune Gefahr. Mit der ständigen Propaganda, es drohe eine multikulturelle Gesellschaft, leugnen sie beständig die simpelsten Fakten und setzen ihre eigene Absicht um, diese Gesellschaft ins Chaos zu stürzen und Verhältnisse wie auf dem Balkan herzustellen, damit sie dann hinterher sich als die Kraft anbieten können, die Ordnung schaft, in dem Chaos, das sie selber herbeigeführt haben.
Dieter Oberdörfer hält dagegen an einer offenen Republik fest. Dies ist als eine Übergangslösung, um ein friedliches Leben zu bewahren, ein unmittelbar praktikabler Vorschlag und auch daher lesenswert.


NATION UND REPUBLIK

Kollektive Kultur oder kulturelle Freiheit

Von Dieter Oberndörfer


Im deutschen Nationalismus bildeten Nation und Volk eine untrennbare Einheit. Das deutsche Volk, die Nation, war eine mystische Gemeinschaft seiner früheren, gegenwärtigen und zukünftigen Generationen, seiner Geschichte und Kultur. Zum deutschen Volk, einer überzeitlichen Abstammungs- und Kulturgemeinschaft, konnten daher keine Fremden gehören. Deshalb wurden schon im Reich Bismarcks Staatsbürger nichtdeutscher Herkunft, die Polen, Dänen oder Juden, von vielen nicht als vollwerüge Deutsche akzeptiert. Im Nationalsozialismus schließlich wurde Deutschland von Fremden und Fremdem gesäubert. Die Überlieferungen des völkischen Nationalismus prägen auch heute noch das deutsche Staatsverständnis. So vor allem durch Art. 116 GG, weicher Volksdeutschen, deren Vorfahren vor vielen Jahrhunderten aus deutschsprachigen Gebieten nach Osteuropa auswanderten, ein Anrecht auf deutsche Staatsbürgerschaft gibt. Obwohl inzwischen in Deutschland 7 Millionen Ausländer leben, davon viele in der dritten Generation, darf Deutschland nach amtlicher Version kein Einwanderungsland werden. In einer Abstammungs- und Kulturgemeinschaft darf es keinen Platz für Menschen fremder Herkunft und Kultur geben.
Das Modell einer auf blutsmäßige Abstammung gegründeten nationalen Gemeinschaft hat in Deutschland längerfristig wohl kaum eine politische Überlebenschance. Die Erinnerung an den Rassismus der Nationalsozialisten und den Holocaust machen das Programm einer vor Mischung mit fremdem Blut zu schützenden Abstammungsgemeinschaft politisch unhaltbar. Anders verhält es sich jedoch mit der Forderung nach der Erhaltung der eigenen nationalen Kultur. Hier in der Vorstellung einer kollektiven Nationalkultur, die vor fremden kulturellen Einflüssen abgeschirmt werden muß, lebt die völkische Tradition der Romantik weiter, ohne daß dies den meisten Zeitgenossen bewußt ist. In ihr melden sich Traditionsbestände des völkischen Nationalismus zu Wort, die, wie die aktuelle Auseinandersetzung über einen neuen Artikel 20b im Grundgesetz zeigt, nach dem der Staat, "die Identität ethnischer, sprachlicher und kultureller Minderheiten zu achten" habe, politisch unbefragter akzeptiert werden als die Ideologie der Blutsgemeinschaft.
Auf dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung behandelt der folgende Essay die unterschiedlichen Vorstellungen von Kultur in der nationalen und republikanischen Überlieferung und untersucht ihre politischen Folgen. D.O.

1. Kultur in der Republik
Kulturelle Vielfalt und Dynamik finden sich in allen menschlichen Gesellschaften. Kulturelle Homogenität im Sinne fugenloser konfliktfreier Übereinstimmung kultureller Werte hat es nie und nirgendwo gegeben. Keine Kultur entstand aus sich selbst heraus in einem luftleeren Raum. Kulturen haben sich vielmehr in einer langen Geschichte kulturellen Austausches grenz- und völkerübergreifend gebildet. Über die Neuinterpretation der eigenen Überlieferung oder aus kulturellem Austausch gab es überall kulturellen Pluralismus und kulturelle Konflikte. Alle Kulturen wandeln sich. In diesem Sinne waren die Gesellschaften aller Zeiten multikulturell und dynamisch.
So ist etwa die japanische Kultur, die häufig als Beispiel für eine in sich ruhende reine Nationalkultur angeführt wird, zutiefst durch chinesische, indische und westliche Überlieferungen geprägt worden. Aus China wurden die Schrift- und die Kunsttechniken übernommen, aus Indien über China und Korea der Buddhismus und aus Europa und Nordamerika Literatur, Philosophie, Kunst, moderne Wissenschaften kam aus Kulturen des Nahen Ostens nach und Technologie. Das Christentum Europa. Im Mittelalter und in der Renaissance erhielt die Kultur der europäischen Völker entscheidende Impulse aus der Begegnung mit der Philosophie und Literatur der griechisch-römischen Antike. Vom Geist der Antike sind der deutsche Idealismus, die deutsche Klassik und Romantik geprägt worden. Große Werke der Weltliteratur wurden ins Deutsche übersetzt. Die Durchsetzung der Forderungen nach einer unter nationalen Kriterien gesäuberten Kultur hätte für alle Völker oder Nationen skurrile Folgen. Die Deutschen müßten zu Wotan und Freia zurückkehren und sich wieder in Bärenfelle kleiden. Der republikanische Verfassungsstaat schützt die individuelle Freiheit der Kultur, die Freiheit der Religion und Weltanschauung, damit aber zugleich kulturelle gesellschaftliche Vielfalt und Dynamik. Der republikanische Verfassungsstaat ist daher nicht wie andere Staaten nur defacto, sondern auch de lege multikulturell, oder, mit einem allgemein akzeptierten Begriff aus der Zeit vor der Debatte über Multikulturalismus: Die Republik ist pluralistisch.
In der Geschichte des westlichen Verfassungsstaates war der eigentliche Kern der individuellen kulturellen Freiheit, nämlich die Freiheit der Religion und der Weltanschauung, die Mutter der politischen Freiheit. Durch die politischen Freiheiten der Bürger sollte ihre kulturelle Freiheit gesichert werden. Die Geburt des modernen Verfassungsstaates bildet den Schlußpunkt einer jahrhundertelangen Geschichte religiöser Bürgerkriege Europas. So wurde gerade Amerika, die älteste westliche Demokratie, als Fluchtburg für religiös Verfolgte und als Heimstatt für Gläubige unterschiedlicher Konfessionen gegründet. Zum Schutz der individuellen religiösen Freiheit und religiösen Praxis gegen Eingriffe des Staates wurden Staat und Kirche getrennt. Zur Sicherung des kulturellen Pluralismus mußte der Staat eine weltanschauhch neutrale Instanz, ein säkularer Staat werden.
Zur individuellen Freiheit der Kultur gehört neben der Freiheit des Kultus, des religiösen Glaubens, der religiösen Praxis und der Weltanschauung unabdingbar auch die Freiheit der künstlerischen Gestaltung und der individuellen Wahl bei der Aneignung kultureller Werte im weitesten Sinne, also die Freiheit kultureller Präferenzen und des Geschmacks im Alltag der Bürger, So heißt es in Artikel 4 Absatz 1 und 2 GG: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." Und "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet." In Artikel 5 GG wird die Freiheit der Kunst, der Wissenschaft, der Forschung und Lehre in die kulturelle Freiheit einbezogen: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." Religiöse Überzeugungen und kulturelle Werte von Mehr- oder Minderheiten werden nicht nur geduldet, sondern dürfen auch aktiv vertreten werden. Und Absatz 1 des Artikels 5 GG besagt: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äußern und zu verbreiten (...) Eine Zensur findet nicht statt." Auch der verfassungsrechtliche Schutz der Versammlungsfreiheit ist für die kulturelle Freiheit der Bürger von zentraler Bedeutung.
In der Republik gibt es also keine nationalen Religionen oder Kulturen, die für ihre Bürger verbindlich gemacht werden dürfen. Jeder Versuch, einem Deutschen, Franzosen oder Amerikaner eine bestimmte Religion und Konfession als nationale Pflicht oder Eigenschaft vorzuschreiben, wäre ein Anschlag auf den Geist und die Bestimmungen ihrer Verfassungen. Die Kultur der Deutschen, der Bürger der Bundesrepublik Deutschland, kann daher immer nur der gesamte und in sich sehr vielfältige Güterkorb der kulturellen Werte aller heutigen deutschen Staatsbürger sein. "Die" oder "eine" für alle verbindlich definierbare deutsche Kultur kann es im Verfassungsstaat nicht geben. Soweit der Begriff der Nation mit kulturellen Überlieferungen und Inhalten gefüllt wird, ist dies immer nur das Ergebnis selektiver individueller Aneignung. Ihre Inhalte können - mit Ausnahme der Grundwerte der Verfassung - niemals für alle Bürger verbindlich sein. Auch wenn dies autoritären nationalen Volkserziehern mißfällt: Es bleibt den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland überlassen, ob sie deutsche oder englische Liebesromane, ob sie Goethe, den Koran oder die Bildzeitung lesen, ob sie Bach, Jazz, Kuschelmusik oder Heavy Metal hören, ob sie in ihrer Freizeit Museen besuchen oder Sport treiben, ihren Urlaub in Deutschland oder im Ausland verbringen.
Aus dem kulturellen Individuahsmus und Pluralismus des Verfassungsstaates folgt, daß kulturelle Werte individuell abweichend interpretiert, akzeptiert oder zurückgewiesen werden können. Die Kultur der Republik wird somit unvermeidlich zu einer Mischung unterschiedlicher oder sogar konfliktiver Güter und Werte.
Die individuelle kulturelle Freiheit und der kulturelle Pluralismus des Verfassungsstaates vertragen sich auch nicht mit statischen Konzepten einer Nationalkultur. Der Individualismus und Pluralismus der Republik begründet vielmehr kulturelle Dynamik und kulturellen Wandel. Sie stehen im Gegensatz zu den Konstrukten einer statischen kollektiven Kultur der Nation, die seit undenklichen Zeiten existiert habe und auf immer bewahrt werden müsse - Konstrukte, die immer fiktiv waren und sein werden. So unterscheiden sich die Kulturen der zeitgenössischen Deutschen und Franzosen sicher sehr von denen des 19. Jhs. oder gar des 16. Jhs. Auch ihre Kulturen im nächsten Jahrhundert werden von den gegenwärtigen sehr verschieden sein. Durch die individuelle kulturelle Freiheit und ihren Pluralismus wird die Kultur der Republik, das komplexe Amalgam der Werte und Güter ihrer Bürger, zum permanenten Prozeß und Plebiszit über individuelle oder kollektive kulturelle Präferenzen. In diesem Prozeß ist es legitim, daß Bürger für die Erhaltung der Überlieferungen kämpfen, die ihnen selbst lieb und teuer sind. Diese Überliefeningen können jedoch nie identisch mit der Kultur "der" Republik sein. Ihre Kultur ist immer nur die Gesamtheit der kulturellen Güter und Präferenzen aller ihrer Staatsbürger. Wenn es in der Bundesrepublik Deutschland in Zukunft noch weit mehr Staatsbürger muslimischen Glaubens geben wird, werden auch ihre religiösen Überzeugungen und Praktiken zu einem Teil der deutschen Kultur werden.
Die Kultur der Republik ist offen für den Wandel ihrer Inhalte. Sie kann niemals abschließend und übereinstimmend definiert werden. Angesichts der wachsenden Diversität und Komplexität moderner industrieller Kulturen wird es in Zukunft daher noch weit schwieriger werden, d e n typischen Deutschen, Franzosen oder Amerikaner nter kulturellen Aspekten zu definieren.
In der offenen pluralistischen Kultur der Republik müssen kulturelle Werte und Überlieferungen von ihren Anhängern sehr viel überzeugender und engagierter vertreten werden als in einer Gesellschaft, in der die Überlieferung unbefragt und unkritisch die Gegenwart und Zukunft prägen soll. Die Republik begünstigt somit eine ungleich tiefer gehende, vieldimensionale individuelle Aneignung kultureller Güter durch die Bürger. Die Freiheit der Kultur in der Republik richtet sich also nicht gegen die Bewahrung kultureller Traditionen. Sie schafft indes den politischen Rahmen für eine ständig neue kritische Überprüfung ihrer Geltung und verbessert die Chancen für kulturelle Vielfalt und Innovation.

2. Kultur im Nationalstaat
Trotz ihrer weltbürgerlichen und individualistischen normativen Wertesubstanz, der Ableitung ihrer politischen und kulturellen Freiheiten nicht aus nationalen Eigenschaften, sondern aus der Natur (GG: Würde) des Menschen, wurden alle Republiken als Nationalstaaten, als Staaten mit Grenzen, geboren. Solange es keinen Weltstaat und solange es Grenzen zwischen den Staaten gibt, werden sie daher im Sinne der Sprachregelung der Vereinten Nationen immer auch "nation states", Nationialstaaten sein. In der Politik republikanischer Verfassungsstaaten wird es somit zwangsläufig immer Konflikte zwischen ihrer weltbürgerlichen Wertesubstanz und ihren Eigeninteressen als Nationalstaat geben, Die politische Legitimität republikanischer Verfassungsstaaten wird und muß hierbei daran gemessen werden, inwieweit ihre weltbürgerlichen Normen in der eigenen Innen- und Außenpolitik im Rahmen des Möglichen engagiert und innovativ umgesetzt werden.
Bei der Abgrenzung der Staaten voneinander entstehen kollektive Wir-Gefühle, in denen die eigene Gemeinschaft als der eigentlich wertvolle, "den anderen" überlegene Teil der Menschheit eingestuft wird. Dieses Wir-Bewußtsein läßt sich in allen menschlichen Vereinigungen beobachten, seien es Stammeshorden, Stadtstaaten, Imperien, Feudalstaaten oder prosaischere Zusammenschlüsse wie politische Parteien oder Fußballvereine samt ihrer Anhängerschaft. Es bildet sich auch in republikanischen Nationalstaaten. Auch sie grenzen sich im Widerspruch zu ihrer weltbürgerlichen Wertesubstanz von anderen Staaten ab und bilden ein "die anderen" ab und sich selbst aufwertendes Wir-Bewußtsein aus. Wie in allen Nationalstaaten werden und wurden auch in den republikanischen die Abgrenzungen durch Berufung auf die eigene Überlieferung, die eigene nationale Kultur legitimiert. Sie bilden die Substanz des Wir-Bewußtseins, sie gilt es zu schützen.
In den angeblich nationalen Kulturen der neuen republikanischen Nationalstaaten drückten sich in der Regel die kulturellen Überlieferungen derjeweils dominanten Bevölkerungsgruppen aus, eine Entwicklung, die durch das Prinzip der demokratischen Mehrheitsherrschaft noch weiter verstärkt wurde. Obwohl sich die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika darauf berufen hatte, "that all men are created equal", interpretierte die Mehrheit der Amerikaner ihren neuen Staat als eine weiße, angelsächsische und protestantische Nation. Die Indianer wurden dezimiert und von der Nation ausgeschlossen, im amerikanischen Süden blieben den Schwarzen die Bürgerrechte noch bis in die 60er Jahre dieses Jahrhunderts vorenthalten. Die Einwanderung von Katholiken in das kalvinistisch geprägte Amerika des 19. Jhs. brachte sogar weit mehr sozialen und politischen Zündstoff mit sich als heute die Einwanderung von Moslems in säkularisierte westliche Gesellschaften. Das erst 1913 eingeführte Quotensystem für Einwanderer war ein Versuch, die Einwanderung ethnischer und religiöser Gruppen zu beschränken oder zu verhindern, wie die Katholiken, Juden oder Asiaten als "unameriksch" oder gar als unfähig angesehen wurden, "echte" Amerikaner zu werden. Der kulturelle Nationalismus der amerikanischen Einwanderungspolitik wurde erst in den späten 60er Jahren dieses Jahrhunderts überwunden, als die Masseneinwanderung aus Lateinamerika und Asien akzeptiert und Amerika zur ersten kosmopolitischen Republik wurde.
Die Nationalstaaten entstanden in Europa in Gesellschaften, in denen das nationbuilding, der Aufbau der Nation, als mindestens so wichtig, ja noch wichtiger als die Einführung demokratischer Normen, Regelmechanismen und Institutionen angesehen wurde. Die Ideologen und Ideologien der neuen Nationalstaaten gingen dabei durchweg von der Annahme aus, daß die Nation nicht nur einer eigenen nationalen Kultur bedurfte, sondern daß diese Nationalkultur schon längst existierte. Sie mußte lediglich neu entdeckt, neu durchgesetzt und geschützt werden. Die Wiederentdekkung, der Wiederaufbau und der Schutz der nationalen Kultur wurde dabei vor allem für den vömschen Nationalismus, die dominante politische Ideologie der neuen Nationalstaaten Mittel-, Nord-, Ost- und Südeuropas, maßgeblich. Noch viel radikaler als in anderen Formen des Nationalismus wurde die Nationalkultur gerade im ethnischen Nationalismus zur eigentlichen Substanz der Nation.
Der Begründer des ethnischen Nationalismus, Johann Gottfried Herder, ging von der Annahme aus, daß die ethnischen Nationalkulturen seiner Zeit alle durch frühere Mischung mit fremden Elementen verunreinigt, also verkommen waren. Für die Wiederherstellung der wahren, eigenen "nationalen" Kultur mußten diese fremden Überlieferungen ausgeschieden werden. Die eigene nationale Tradition selbst wurde in der Urzeit der nationalen Geschichte, etwa bei den Germanen, Ariern, Galliem oder Urtürken, gefunden, als die eigene Nation noch jung und eben noch nicht durch fremde Elemente verdorben war. Alle reinen, unvermischten und daher echten Nationalkulturen wurden als gleichrangig angesehen. Für Johann Gottfried Herder war jedes Volk und jede nationale Kultur "ein Gedanke Gottes", unmittelbar durch Gott geheiligt. Der Republikaner und Aufklärer Herder ging dabei auch von der naiven Annahme aus, daß alle Nationen in ihrer Jugendzeit republikanische Gemeinwesen gewesen waren, die in Harmonie und Frieden miteinander lebten. Die Wiederherstellung der "echten" Nationen müßte deshalb den ewigen Frieden bringen. Echte Nationen würden sich niemals an den Rechten anderer Nationen vergreifen, eine Behauptung, die auch heute ein Glaubenssatz der Propaganda zeitgenössischer Nationalisten ist.
In den Schriften Herders, aber auch in den populären Versionen seines kulturellen Nationalismus, ist eine zweifache und nur scheinbar widersprüchliche Konsequenz angelegt: Zum einen ein hemmungsloser kultureller Chauvinismus und zum anderen ein scheinbar allumfassender kultureller Relativismus (Oberndörfer 1983, 1986). Sie sind in den folgenden beiden Prämissen begründet: Erstens, alle nationalen Kulturen sind einzig und existieren aus eigenem Recht. Normen des Verhaltens und soziale oder politische Institutionen können deshalb weder universell gültig noch verbindlich sein. Für die Angehörigen einer speziellen nationalen Kultur sind nur Regeln des Verhaltens und soziale und politische Institutionen normativ verbindlich, die ihrer eigenen Nationalkultur entstammen, Zweitens, da alle Kulturen gleicherinaßen wertvolle Manifestationen des kulturellen Potentials der Menschheit sind, sollten sie alle rekonstruiert und erhalten werden. Somit haben alle Menschen eine moralische Verantwortung, nicht nur die Reinheit ihrer eigenen Kultur, sondern auch die aller anderen Kulturen zu bewahren.
Im Unterschied zu der Vorstellung der romantischen Philosophie von kollektiven und gleichwertigen Nationalkulturen ist Kultur für die Aufklärung, die philosophische Grundlage des modernen Verfassungsstaates, ein von Individuen getragener pluralistischer Prozeß. Kultur im eigentlichen Sinne bildet sich als Produkt der Vernunft und der Tugend eines vernünftigen moralischen Diskurses. Der Mensch wird als vemunftbegabtes moralisches Wesen gesehen. Daher ist ein vernünftiger und moralischer Diskurs auch zwischen Menschen verschiedener Kulturen möglich. Bestimmte Normen und Rechte - universale Menschenrechte - sind für die Menschen aller Nationen gültig und einleuchtend, "self evident". Kultur ist ein Prozeß der Vernunft, der schrittweise zu höheren Stufen der Erkenntnis, der Sensibilität und Zivilisation führt. Daher missen alle Menschen ein Interesse an der Teilnahme an kulturellen Prozessen haben.
In der romantischen Philosophie des 19. Jhs. wurde diese aufklärerische Idee einer dynamischen, durch individuelle Vernunft und durch vernünftigen Diskurs in Bewegung gehaltenen Kultur durch die Idee einer statischen Kultur ersetzt und zugleich durch das Prinzip der Toleranz gegen Kritik geschützt. Die Romantik eignete sich also die Toleranz, diesen Schlüsselbegriff der Aufklärung, an und forderte in ihrem Namen die Akzeptanz für ein Verständnis von Kultur, das mit der aufklärerischen Vorstellung einer auf individuelle Vernunft und Pluralismus gegründeten Kultur unvereinbar war, ja der sie selbst zutiefst feindselig gegenüberstand. Kollektiven Kulturen und insbesondere ethnisch definierten kollektiven Kulturen wurde Toleranz gewährt, während Toleranz von nun an dem Verständnis von Kultur verweigert wurde, dessen Kern die viduelle kulturelle Freiheit, der kulturelle Pluralismus und der Glaube an transkulturell verbindliche Normen des menschlichen Verhaltens und Zusammenlebens war. Die Beziehung zwischen Vernunft und Toleranz, Grundprinzipien der Aufklärung und des republikanischen Verfassungsstaats, wurde damit konfliktiv. Sie diente nicht mehr wie zuvor der wechselseitigen Bestärkung. Die Aufklärung hatte die Vernunft als Grundkraft des Fortschritts und die Toleranz als Voraussetzung für die Entfaltung eines vernünftigen moralischen Diskurses dermenschen gesehen. Jetzt in der Romantik wurden die von ihr wahrgenommenen kollektiven Kulturen und die Toleranz zum Selbstzweck (Alain Finkielkraut). Kulturen werden nicht mehr auf der Grundlage der Leistungen, Verdienste, Werte oder des Verhaltens ihrer Angehörigen beurteilt. Sie sind von nun an inhärent gut und müssen ohne Ansehung ihrer Inhalte toleriert werden.
Diese Sicht der Welt als eines sorgfältig zu bewahrenden Völkerkundemuseums heute noch die Hausphilosophie der völkischen Nationalisten (Oberndörfer 1983, 1986) und ethnokulturellen Schwärmer - war tief in die Feindschaft der romantischen Philosophie gegen den Ritionalismus der Aufklärung und die Prinzipien und Institutionen des Republikanismus eingebettet. Und von dieser Grundlage aus begannen nunmehr Ethnologen, Historiker und Philologen kollektive Nationalkulturen zu entdecken und zu konstruieren, wobei von ihnen die Übernahme des aufklärerischen Prinzips der Toleranz benutzt wurde, um für ihre jetzt erst geschaffenen Konstrukte kritiklosen Respekt und Unterwerfung zu fordern. Ihre Konstrukte, die immer in weitem Umfange fiktiv waren und sein mußten, wurden bald von den politischen Unternehmern des kulturellen Nationalismus für ihre eigenen Zwecke des Machterwerbs und Machterhalts ausgebeutet. Die Vorstellung der unantastbaren Heiligkeit aller kollektiven Nationalkulturen wurde politisiert. Die individuelle kulturelle Freiheit hingegen, die im Republikanismus per Definition vor politischer Unterdrückung geschützt werden muß, wurde vernachlässigt oder sogar marginalisiert. Die Heiligsprechung und Verehrung der jetzt erst geschaffenen kollektiven Nationalkulturen (hierzu Anderson, Gellner, Hobsbawm, Oberndörfer 1992, 1994) und ihrer Traditionen - in Wirklichkeit waren es immer diffuse Konglomerate von Gütern und Werten meist fremden Ursprungs - wurde zum Fundament einer neuen säkularen Religion (siehe Oberndörfer 1983, 1986, Smith). Sie stiftete Sinn und Zusammenhalt für die Angehörigen der neuen Nationalstaaten. Sie füllte das Vakuum, das durch die zunehmende Säkularisierung und die Schwächung der Überlieferung und ihrer Ordnungen entstand. Sie verlangte von ihren Gläubigen totale Unterwerfung. Von den Bürgern wurde erwartet, in Zeiten des Krieges ihr Leben auf dem Altar der Nation" zu opfern.
Der dramatische politische Wandel, der mit der Ausbreitung des neuen säkularen Kultes der Nation und ihrer Kultur Hand in Hand ging, spiegelt sich in der abnehmenden Bedeutung traditioneller religiöser Konflikte. Im 16., 17. und 18. Jh. war Religion für die Menschen Eurcpas weit wichtiger gewesen als Ethnizität und ihre angeblichen oder tatsächlichen kulturellen Überlieferungen. So zogen die Bürger Pommerns die Zugehörigkeit zur lutherischen Monarchie Schwedens dem Leben unter der Herrschaft der kalvinistischen Könige Preußens vor. Katholiken und Protestanten lebten in Deutschland seit dem Westfälischen Frieden in der Regel ohne Vermischung territorial getrennt. Erst seit dem Beginn des 19. Jhs. begann die neue Religion des kulturell-ethnischen Nationalismus, die überlieferten religiösen Gegensätze zu überbrücken. Nun wurde es für Protestanten wie für Katholiken ebenso wichtig oder noch wichtiger, ein guter Deutscher zu sein, als dem eigenen Glauben leben zu können. Die Protestanten, die religiöse Mehrheit Deutschlands, begannen dabei unverzüglich ihre Konfession als die wahre nationale Religion zu proklamieren. Für die Protestanten konnte ein guter Deutscher letztlich nur ein Protestant sein. Dies zwang andere religiöse Gruppen wie Katholiken oder Juden zu dem Nachweis, daß sie mindestens so gute, ja noch bessere Deutsche als die Protestanten waren. Aber was war ein Deutscher? Was war die deutsche Kultur? Im Unterschied zur relativ klar definierten Zugehörigkeit zu den überlieferten Konfessionen war die Mitgliedschaft in der neuen Religion des kulturellen Nationalismus viel unbestimmter. Die Frage, wer und wer nicht der Kirche des Nationalstaats und der Nationalkultur angehören durfte, wurde unterschiedlich beantwortet und daher in der Folge zum Ausgangspunkt säkularer Inquisitionen und Säuberungen. Dies um so mehr, als auch im Verhältnis der Nationalstaaten zueinander bald unterschiedliche Kulturen oder besser Kulturinterpretationen zu einem mörderischen politischen Wettkampf antraten.

3. Die Alternativen: Assimilierung und Multikulturalismus versus kulturellen Pluralismus
Wie gezeigt wurde, bilden Nationalkulturen in den Ideologien des Nationalismus die Substanz der Nation, das für sie je Eigene, durch das sie sich von anderen Nationen abgrenzen. Die Legitimität der Nationalstaaten steht und fällt mit der Reinheit ihrer Nationalkultur. Nationalstaaten tendieren somit zur kulturellen Selbsthomogenisierung durch Vertreibung des Fremden. Ethnische Säuberungen sind daher die konsequenteste Verwirklichung der Ideologie ethnischen Nationalismus.
Liberalere Varianten des Umgangs mit Fremdem und Fremden sind die erzwungene Assimilierung und der Multikulturalismus. Bei der erzwungenen Assimflierung müssen Zuwanderer aus fremden Kulturen ihre eigenen kulturellen Überlieferungen aufgeben und sich in die Nationalkultur so vollständig integrieren, daß sie jegliches kulturelle Eigenprofil verlieren. Mit dem Multikulturalismus hingegen verlassen wir das Reich des völkisch-kulturellen Monotheismus und betreten den Tempel des ethnischen Polytheismus. Multikulturalismus ist eine Doktrin kultureller Gleichheit. Sie schützt die Reinheit der dominanten Nationalkultur ebenso wie die der Kulturen von Minderheiten. Die Gefahren kultureller Mischung und kultureller Unreinheit sollen im Multikulturalismus durch die wechselseitige Abschottung der Kulturen der Mehrheit und der Minderheiten abgewehrt werden.
Der Multikulturalismus steht in der romantischen Überlieferung der moralischen Gleichberechtigung und unantastbaren Heiligkeit aller kulturellen Kollektive und ihrer Überlieferungen. Da in seiner Sicht alle Kulturen gleichermaßen wertvoll sind und geschützt werden müssen, sind Nationalisten nicht nur für die Erhaltung ihrer eigenen nationalen kollektiven Kultur, sondern auch für den Schutz anderer nationaler kollektiven Kulturen verantwortlich. Dieses Postulat gab gerade auch dem Konzept der Gastarbeiter im Nachkriegsdeutschland moralische Respektabilität. Ausländer, die in Deutschland arbeiten, sollten und mußten in ihr Ursprungsland zurückkehren, um sie ihrer eigenen Nationalkultur zu erhalten. In klarer Verletzung kulturellen Pluralismus und des demokratischen Rechts auf individuelle Selbstbestimmung wußten die Hohepriester der Nationalkultur nicht nur, wie die deutsche Kultur zu definieren sei, sondern glaubten auch, die Kultur und Wünsche der Gastarbeiter bestimmen zu können. Die Alternative, daß Fremde in Deutschland bleiben und die deutsche Staatsbürgerchaft erwerben dürfen, war zu exotisch, um überhaupt diskutiert zu werden.
Der Multikulturalismus gründet, wie dargestellt wurde, auf der Annahme, daß alle kollektiven Kulturen einmalig, daher vonneinander klar unterscheidbar und inhaltlich bestimmbar sind. Dies führt zur weiteren Frage: wer diese Kulturen, ihre Normen und Verhaltensweisen definieren soll. Sollen es die Führer religiöser Gruppen sein, die oft in viele Untergruppen oder Sekten aufgeteilt sind, oder politische Unternehmer im Wettkampf um Wählerstimmen oder parlamentarische Mehrheiten oder rechtliche Instanzen? Sollen politische oder juristische Autoritäten die hier angelegten kulturellen Konflikte regeln und entscheiden, was die authentische Interpretation der Religion oder die richtigen kulturellen Praktiken der Mehrheit und der Minderheiten sind?
Der Glaube, daß Einwanderer Kulturen angehören, die vor Vermischung oder auch nur partieller Assimilierung zu schützen sind, muß zwangsläufig die Vorstellung verstärken, daß die Majorität des Staatsvolks ebenfalls über eine schutzbedürftige, kollektive Kultur verfügt. Dies wäre jedenfalls die Konsequenz, wenn die von der gemeinsamen Kommission des Bundestags und Bundesrats vorgeschlagene Ergänzung des Grundgesetzes durch einen Artikel 20b zustande käme, in dem es heißt: "Der Staat achtet die Identität ethnischer, kultureller und sprachlicher Minderheiten." Ethnie und kollektive Kultur, hier als "kulturelle Identität" bezeichnet, kämen jetzt in das Grundgesetz und würden dadurch staatsrechtlich relevante Begriffe. Während das Grundgesetz bisher die kulturelle Freiheit der einzelnen Staatsbürger schützte, wird über das Grundgesetz terminologisch der Weg geebnet ("ethnische und kulturelle Identität"), kollektive Kulturen als verfassungsrechtlich relevante Größen zu erfinden und möglicherweise sogar gegen das vom Grundgesetz geschützte Recht individueller kultureller Selbstbestimmung festzuschreiben. Der Unbegriff der Identität wurde von dem berühmt-berüchtigten Staatsrechtslehrer Carl Schmitt ("Der Führer schützt das Recht") in seiner Polemik gegen den Pluralismus der liberalen Demokratie in die Staatslehre eingeführt. Völkisch-kulturelle Identität kann es ja immer nur durch die scharfe Grenzziehung gegen "die" Fremden geben, wobei übersehen wird, daß der Begriff der Identität im Leben der einzelnen wie im Leben der Völker praktisch nie einlösbar ist, da sie alle über mehrere und sich häufig wandelnde Identitäten verfügen. Nach einer Verabschiedung von Art. 20b könnten die Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland in echte Deutsche und Deutsche mit einem Bindestrich, also z. B. Türkisch-Deutsche oder Polnisch-Deutsche, aufgeteilt werden. Wie in der früheren Sowjetunion könnten Pässe ausgestellt werden, in denen nicht nur die Staatsangehörigkeit, sondern auch die ethnische Herkunft ausgewiesen und somit wieder an die unrühmliche Tradition der Ahnenpässe angeknüpft würde. Das Deutsche als kultureller Begriff wurde bisher von den Bürgern der Bundesrepublik Deutschland je nach ihren individuellen kulturellen Präferenzen unterschiedlich definiert. Auch ein Staatsbürger indischer Herkunft und hinduistischer Religion oder ein muslinüscher Türke wurden Deutsche ohne Wenn und Aber, wenn sie Staatsbürger der Bundesrepublik wurden. Durch die innere Logik von Art. 20b könnte dies anders werden.
Hier handelt es sich nicht um Schattenkämpfe. Die Tendenz, daß Ethnie und Kultur im Widerspruch zum Prinzip der kulturellen Freiheit in der Republik zum Bestandteil der staatsrechtlichen Definition deutscher Bürger werden, war ja schon bisher im Grundgesetz durch Artikel 116 über das Recht der Vertriebenen und Volksdeutschen auf Staatsbürgerschaft und die Entwicklung der Rechtsprechung zur Einbürgerung von Volksdeutschen - der Nachkommen von Auswanderern aus deutschsprachigen Gebieten, die sich oft vor vielen Jahrhunderten in Osteuropa angesiedelt hatten - angelegt.
Durch Artikel 116 GG, ursprünglich von den Verfassungsvätern als Wiedergutmachungsartikel für Volksdeutsche und von den Nationalsozialisten vertriebene deutsche Staatsbürger gedacht, wurde der Gedanke suggeriert und verstärkt, daß die Abstammung von "Deutschen" eine besonders wichtige Voraussetzung für die Staatsbürgerschaft sei. In der Rechtsprechung zur Einbürgerung von Volksdeutschen wurde zuletzt der Nachdruck immer mehr auf den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse und der Beheimatung in der"deutschen" Kultur gelegt, während Bürgern, die schon Staatsangehörige sind, dieser Nachweis zu Recht nicht abverlangt werden darf und kann. Dies um so mehr, als eine objektive Überprüfung der Kulturwerte der Bürger der Bundesrepublik Deutschland sicher ernüchternde Ergebnisse zeitigen würde.
Für den Schutz unterschiedlicher kultureller Werte und ethnischer Abstammung bedarf es im übrigen keiner Ergänzung des Grundgesetzes. Art. 3.3 GG reicht völlig aus: Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Die neue Staatszielbestimmung enthält polifischen Sprengstoff für eine ethnische und kulturelle Fragmentierung der Bundesrepublik. Der Widerstand gegen weitere Zuwanderung oder gar Einwanderung (d.h. Verleihung von Bürgerrechten an Zuwanderer) würde unter der Mehrheit der "echten" Deutschen vollends beinhart werden. Der kulturelle Pluralismus, die multikulturelle Dynamik der Republik würde über einen Grundgesetzartikel 20b durch rechtlich fixierte Trennwände blockiert und die Sterilität völkisch kultureller Abschottungen geschützt werden. Eine pluralistische Gesellschaft aber bezieht ihre Vitalität und Dynamik gerade aus der inneren Offenheit ihrer unterschiedlichen Komponenten füreinander (1).
In der Mehrheitsdemokratie werden Mehrheiten immer wieder der Versuchung erliegen, ihre eigene Interpretation der Kultur anderen Mitgliedern der politischen Gemeinschaft aufzudrängen. Liberale Demokratien verlieren aber ihre moralische und politische Glaubwürdigkeit, wenn sie solchen Tendenzen den Vorrang gegen die individuelle kulturelle Freiheit und den von ihr geschützten kulturellen Plurahsmus geben. Kulturelle Freiheit muß deshalb für alle Bürger ohne Ansehung ihrer ethnischen Herkunft und ihrer Religion oder Weltanschauung gewährt werden.
Haben republikanische Verfassungsstaaten eine Antwort auf die Frage, wie sie auf die Einwanderung von Fremden reagieren sollen? Wie werden Einwanderer in die Republiken ohne den Rückgriff auf eine Politik der Assimilierung oder des Multikulturalismus integriert? Wie werden aus Einwanderern gute Patrioten?
Wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der individuellen kulturellen Freiheit kann sich die Integration von Einwanderern im republikanischen Verfassungsstaat nur auf ihre politische Integration beziehen, ein Ziel, das in der amerikanischen Demokratie mit bewundernswertem Erfolg bis heute immer wieder erreicht wurde. Politische Integration muß dabei auf dem Prinzip gründen, daß Einwanderern bei Einbürgerung all das eingeräumt wird, was allen Bürgern gewährt werden muß: politische Gleichberechtigung, soziale Solidarität, kulturelle Freiheit und kultureller Pluralismus. Politische Gleichberechtigung macht die Einbürgerung notwendig, Solidarität die soziale Integration, wobei im Falle der sozialen Benachteiligung von Einwanderern die Sozialpolitik ebenso wie bei anderen benachteiligten Bürgern gefordert ist. Kulturelle Freiheit muß wiederum exakt in dem Umfang gewährt werden, wie sie allen anderen Bürgern eingeräumt wird.
Gerade die kulturelle Freiheit ist, wie die Geschichte Amerikas zeigt, die wichtigste Voraussetzung für politische Integration. Im Gegensatz zu den hierzulande gängigen Vorstellungen über den amerikanischen Schmelztiegel hat die in ihm gewährte kulturelle Freiheit des religiösen Bekenntnisses eine forderte kulturelle Assimilierung der Einwanderer verhindert und es ihnen gerade dadurch ermöglicht, amerikanische Patrioten zu werden. Die eingewanderten Katholiken, Lutheraner, Juden, Moslems und andere religiöse Gruppen konnten ihren Glauben beibehalten. Die Zuwanderer unterschiedlicher ethnischer Herkunft und Kultur durften amerikanische Staatsbürger werden. Dabei entstand eine neue, im Vergleich zu der der "protestantischen" USA im 19. Jh. weit vielfältigere und reichere amerikanische Kultur.
Daß die politische Integration durch Gewährung der Staatsbürgerschaft und kultureller Freiheit mit wirtschaftlicher und sozialer Chancengleichheit kombiniert werden muß, ergibt sich aus der Wertesubstanz republikanischer Verfassungen. Die Geschichte der Einwanderungsländer zeigt allerdings, daß soziale Integration immer nur über längere Zeiträume, meistens innerhalb der Generationenfolge erreicht wurde. Aber zumindest diese Möglichkeit muß gewährt werden.
Kulturelle Freiheit bedeutet in der Alltagspraxis, daß Einwanderer in bestimmten Regionen oder Stadtvierteln mit Einwanderem der gleichen Herkunft zusammenleben können, aber daß sie auch frei sind, solche Zentren zu verlassen und sich anderen Bevölkerungsgruppen anzuschließen, ferner daß Einwanderer zu ihrem eigenen Gott beten dürfen, aber auch frei sind, sich anderen Göttern oder der Religion des Säkularismus zuzuwenden.
Kulturelle Freiheit und kultureller Pluralismus eröffnen die Möglichkeit kulturellen Austausches und kultureller Offenheit. Die im Konzept des Multikulturalismus angelegte Tendenz zur Trennung von Kulturen zwecks wechselseitigen Schutzes liegt quer zum Wesen kulturellen Pluralismus. Hier werden Trennwände errichtet, kultureller Austausch und Dynamik verhindert. Die Vitalität und Kreativität des kulturellen Prozesses hängt gerade von seiner Offenheit ab.
Die Grenzen der kulturellen Freiheit müssen für Einwanderer aus fremden Kulturen die gleichen sein wie für alle anderen Bürger. Diese Grenzen werden durch die Werte der Verfassung und durch die Rechtsprechung festgelegt. Kulturelle Konflikte, die es ja nicht nur in Einwanderungsgesellschaften gibt, müssen nach den Vorgaben der Verfassung ausgetragen und entschieden werden. Die politischen Konflikte, die sich aus kulturellem Pluralismus immer wieder ergeben werden, haben aber ihren Ausgangspunkt oft gerade in vorurteilsgeladenen Klischees von der jeweils fremden Kollektivkultur. So werden z. B. alle moslemischen Einwanderer fundamentalistischen Gruppen des Islam zugeordnet, obwohl dieser in ebenso viele religiöse Richtungen wie das Christentum aufgeteilt ist. Neben den zahlreichen Varianten des Islam, von denen die Fundamentalisten nur einige unter vielen anderen Gruppen sind, gibt es heute auch eine zum Teil schnell zunehmende Säkularisierung. Der politisch-religiöse Fundamentalismus hat im übrigen bis heute in christlich geprägten Kulturen eine destens ebenso lange und lebendige Tradition wie im Islam.
Wegen der zentralen Bedeutung der Sprache in Kulturen stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Bedeutung der Sprache für Republiken. Benötigen Republiken eine nationale Sprache? Alle Bürger sollten sich sprachlich miteinander verständigen können. Nur so ist ein demokratischer politischer Prozeß möglich. Dies scheint eine nationale Sprache zumindest als Verwaltungs- und Verkehrssprache notwendig zu machen. Zugleich beweist die Schweiz, daß die Koexistenz mehrerer regionaler Sprachen in einem Staat durchaus mit Patriotismus und starkem politischen Zusammenhang vereinbar ist. Die indische Union hat bisher ebenfalls eine bemerkenswerte politische Stabilität ausgewiesen, obwohl es in ihr Dutzende regionale Sprachen mit langer literarischer Tradition gibt. Dabei fungiert das Englische, ähnlich wie früher das Lateinische in Europa, als inoffizielle überregionale Staatssprache.
Die Sprache wird zwangsläufig immer dann zur Quelle heftigen politischen Konflikts werden, wenn sie, der Tradition der romantischen Philosophie folgend, als Ausdruck einer ins Religiöse überhöhten kollektiven Kultur interpretiert und nicht einfach als Instrument menschlicher Kommunikation gesehen wird, dessen Wert in erster Linie nach seiner ästhetischen Qualität und den von ihm gewährten Möglichkeiten des sprachlichen Ausdrucks und der Verständigung beurteilt werden sollte. Auch hier bei der Mythisierung der Funktion der Sprache müssen Erblasten der romantischen Ideologie abgetragen werden.

4. Politische Identität im republikanischen Verfassungsstaat
Wie alle menschlichen Kollektive werden auch Republiken stets der Versuchung ausgesetzt sein, sich im Widerspruch zu ihrem eigenen Individualismus mit despotischen Vorstellungen einer kollektiven Kultur auszustatten. Sprachschablonen wie der echte Deutsche, Franzose oder Amerikaner oder die berüchtigten "Komitees gegen unamerikanische Aktivitäten" erinnern an die immer neue Verführungskraft des Kollektivdenkens. Individuelle kulturelle Freiheit und kultureller Pluralismus werden zwar formal durch die republikanische Verfassung geschützt, ihre Erhaltung und Durchsetzung aber hängt von der Lebendigkeit der republikanischen politischen Kultur, von der Kraft ihres Verfassungspatriotismus ab.
Der Verfassungspatriotismus, nicht als Kenntnis einzelner Verfassungsparagraphen, sondern in der Form der Orientierung der Bürger an den Grundwerten der Republik, an Rechtsstaatlichkeit und politischer Freiheit, sei - so die Kritiker - eine abstrakte intellektuelle Größe, die sich als Grundlage für die Stiftung politischer Gemeinschaft nicht eigne. Nur die nationale Geschichte und ihre Kultur könnten Gefühle ansprechen und mobilisieren. Nur über Gefühle könnten sich Gemeinschaften und engagierter Patriotismus bilden.
Die Verfassungsgeschichte, sei es die Geschichte der Monarchien oder der amerikanischen und französischen Republiken, beweist, daß politische Werte und Institutionen sehr wohl politische Einheit und Zusammenhalt stiften können. Unabhängig von dieser historischen Erfahrung hat Jürgen Habermas wohl mit dem Hinweis recht, daß gerade wegen der zunehmenden Komplexität und kulturellen Pluralisierung moderner Gesellschaften die Werte und Institutionen der republikanischen Verfassung, also der Verfassungspatriotismus, zwangsläufig und mehr als je zuvor die Grundlage politischer Einheit bilden muß. Die Integration in das Gemeinwesen, die nicht über kulturelle, sondern politische Identifikation vollzogen wird, ist möglicherweise mit einer zweckrationaleren Haltung gegenüber der Politik als im Nationalismus verbunden. Das Gemeinwesen ist hier nicht mehr wie im Nationalstaat der mystische Leib der Nation oder der Endbahnhof der Geschichte. Politische Gemeinschaften werden nicht wie im Nationalismus als Selbstzweck, sondern als notwendiger Bedingungsrahmen für ein gutes Leben der Bürger wahrgenommen. Angesichts der bekannten schauerlichen Folgen der wahnhaften Emotionen des Nationalismus ist ein solches nüchternes und zweckrationales Verhältnis zur politischen Gemeinschaft wohl kein Schaden. Nationale Gefühle hat es in Deutschland immer im Übermaß gegeben, an Vernunft und Augenmaß aber zuwenig. Auch hierfür gibt es Grundlagen in der deutschen politischen Kultur. In ihr wurde mit dem Sieg der politischen Romantik über die Aufklärung der Glaube an die mögliche kulturstiftende Kraft der Vernunft der Irrationalität bloßer Gefühle (ohne Vernunft) geopfert. Wenn gerade in Deutschland immer wieder behauptet wird, der Verfassungspatriotismus, die Identifikation mit politischen Werten, sei etwas Abstraktes und könne nicht vom Gefühl, vom Herzen getragen werden, offenbart gerade dies besonders bedenkliche Defizite der deutschen politischen Kultur. In der französischen und amerikanischen Republik bildet der Freiheitsmythos, die Geschichte des Kampfes um die politische Freiheit und die politischen Rechte der Bürger, den Kern des Verfassungspatriotismus. Die großen nationalen Feiertage erinnern an diese Geschichte. Die deutsche Kritik am Verfassungspatriotismus wird immer noch von vagen Vorstellungen einer kulturell oder sogar abstammungsmäßig definierbaren deutschen Nation bestimmt, die als angeblich objektive Macht neben der Verfassung und ihren Werten existiert und die eigentliche Grundlage politischer Gemeinschaft und Loyalität bilden soll.
Der damit verbundene Vorwurf, daß Recht und Freiheit, die Grundwerte der Republik, für eine Identifikation mit dem Gemeinwesen zu abstrakt seien, macht bestürzend deutlich, daß diese Werte in der politischen Kultur der Deutschen bis heute immer noch nicht veinnerlicht worden sind. Der mangelnde Glaube an die gemeinschaftsbildende Kraft der politischen Werte der Republik veranschaulicht wie kaum etwas anderes die zähe Überlebenskraft alter antirepublikanischer Denkmuster des deutschen Nationalismus. So feiern die Deutschen heute zwar einen Tag der nationalen Einheit, nicht aber einen Tag der Freiheit und des Rechts. Die großartige Dreiheit der deutschen Nationalhymne "Einigkeit und Recht und Freiheit sind des Glückes Unterpfand" wird durch einen bloßen "Tag der Einheit" verstümmelt und ihr Sinn entleert. Während noch im Frühjahr 1989 alle wichtigen politischen Kräfte bei den Feiern zum 40jährigen Bestehen des Grundgesetzes sich von der Nation verabschiedeten und den Verfassungsstaat feierten, soll Deutschland jetzt - auch nach dem Urteil eher sozialliberaler Historiker - erneut ein Nationalstaat sein. Die frühere Ideologiewissenschaft des deutschen Nationalismus, die deutsche Geschichtswissenschaft, erliegt hier erneut der in ihr immanent angelegten Versuchung der Orientierung an restaurativ verstandener Vergangenheit. Was gestern richtig war, soll heute nicht mehr gelten. Bei vielen spielt dabei die ehrenwerte Absicht eine Rolle, den Begriff der Nation nicht der politischen Rechten zu überlassen. Er soll republikanisch umgedeutet und ihr gleichsam entwendet werden. Dies ist ein fatal gefährhches Unterfangen. Nation ist in der deutschen politischen Kultur inhaltlich so stark miüt den Vorstellungen des völkischen Nationalismus besetzt, daß jeder Versuch der Umdeutung die Aufwertung überlieferter völkischer und kultureller Vorstellungen von Nation bewirken muß. Nation als politischer Integrationsbegriff sollte gerade in Deutschland auf der Müllhalde der Geschichte abgelegt und die Alternative der offenen Republik gewählt werden.
Die Kritik am Verfassungspatriotismus hat in einem Punkt recht: Alle Staaten, auch die Republiken, können nicht am grünen Tisch "konstruiert" werden, sondern bilden und verfestigen sich erst in ihrer eigenen Geschichte. Auch Republiken entstehen nicht über Nacht. Sie begründen und entwickeln sich durch ihre eigenen Taten. Sie legitimieren sich aus einer Geschichte erfolgreicher Bewährung. Für die Entfaltung der Republik in ihrer eigenen Geschichte müssen Recht und Freiheit und nicht die diffuse Vorstellungswelt einer trügerischen Nationalkultur die Pole und Identifikationskerne ihres Wachstums bilden. Der Verfassungsstaat, der in der alten Bundesrepublik bereits entstanden war, muß weiter entwickelt und sein republikanisches Fundament verbreitert werden. Auch die neue Bundesrepublik wird immer den Versuchungen "nationaler" kollektiver Wir-Gefühle ausgesetzt sein. Für ihre Abwehr wird die Offenheit der Republik im Innern wie nach außen von entscheidender Bedeutung sein. Erst wenn Fremdes und Fremde in die Republik aufgenommen werden und in ihr Bürgerrecht erhalten, verdient sie diesen Namen.
Für den Ausbau einer solchen Republik steht eine kritische Bestandsaufnahme der deutschen republikanischen Traditionen immer noch aus. Auch der Rückgriff deutscher Historiker auf die Republik von 1848 führt zurück auf den Holzweg alter nationaler, völkischer Denkmuster. Der Inhalt und der Verlauf der Debatten in der Paulskirche ist, woran Karl Moersch kürzlich erinnert hat, überaus lehrreich. Ethnischer Nationalismus und weltbürgerliche Bekenntnisse standen unverbunden und unreflektiert nebeneinander. Die "Deutschen" wollten zwar eine Republik, wollten aber dennoch unter sich bleiben, wollten eine Republik nur für Deutsche, dies war die Essenz der "deutschen" Revolution von 1848, und von hier führt der Weg zum Selbstverständnis der "alten" Bundesrepublik von 1949. Es wäre tragisch, wenn die alte Bundesrepublik, die wegen der Teilung keine "deutsche" Republik werden konnte und hierdurch zum Verfassungsstaat wurde, gerade jetzt, da sich die Nationalstaaten Europas aufzulösen beginnen, von einer blassen Nachgeburt ihrer überholten nationalen Traditionen eingeholt und zur bloßen Episode würde. Die Bundesrepublik darf sich nicht wieder zur Nation des 19. Jahrhunderts zurückentwickeln. Sie muß sich für ein republikanisches Europa öffnen.

Literatur
Benedict Anderson. Imagined Communities, Reflections on the origin and spread of nationalism, 1983.
Frederick M. Barnard, Zwischen Aufklärung und politischer Romantik. Eine Studie über Herders soziologisch-politisches-Denken, Berlin 1964.
Alain Finkielkraut, Die Niederlage des Denkens, München 1989.
Ernest Gellner, Nations and Nationalism, 1983.
Jürgen Habermas, Anerkennungskämpfe im demokratischen Rechtsstaat, in: C. Taylor, Multikulturalismus und die Politik der Anerkennung. Mit Kommentaren von A. Gutmann (Hrsg.), St. C. Rockefeller, M. Walzer, St. Wolf. mit einem Beitrag von J. Habermas. Aus dem Amerikanischen von Reinhard Kaiser, Frankfurt/M. 1993, S. 147-196
Theodor Hanf, Konfliktregelung und Krisen in Vielvölkerstaaten, in: ders., Koexistenz im Krieg. Staatszerfall und Entstehen einer Nation im Libanon, Baden-Baden 1990, S. 21-65.
Ders., Konfliktminderung durch Kulturautonomie. Karl Renners Beitrag zur Frage der Konfliktregelung in multi-ethnischen Staaten, in: Erich Fröschl u.a. (Hrsg.), Staat und Nation in multi-ethnischen Gesellschaften, Wien 1991, S. 61
Eric Hobsbawm, Nations and Nationalism since 1780. Program, Myth, Reality, 1990.
Friedhelm Hufen, Die Kulturintegration kraft der Verfassung, in: Gegenrede, Aufklärung - Kritik - Öffentlichkeit, Festschrift für Gottfried Mahrenholz, Baden-Baden 1994, S. 115-131.
Elie Kedourie, Nationalism in Asia and Africa, New York 1970; Nationalismus, München 1971.
Hans Kohn, Die Idee des Nationalismus, Frankfurt/M. 1962.
Hans Mahnig, Von der sozialen zur ethnischen Frage. Integrationsprobleme von Einwanderern in Frankreich, in: "Neue Zürcher Zeitung", 30./31.7.1994, S. 15.
Karl Moersch. Vortrag im Süddeutschen Rundfunk am 19.7.1994.
Dieter Oberndörfer, Menschenrechte, kulturelle Identität, das westliche Wissenschaftsverständnis und die deutsche reformatorische Tradition, in: D. Oberndörfer / K. Schmitt (Hrsg.), Kirche und Demokratie, Paderbom 1983, S. 189-202.
Ders., Entwicklungspolitik im Umbruch,in: D. Oberndörfer / Th. Hanf (Hrsg.): Entwicklungspolitik, Stuttgart 1986, S. 16-46, insbes. S. 37-46.
Ders., Die offene Republik, Freiburg 1992.
Ders., Der Wahn des Nationalen, Freiburg 2 1994; hier Angaben zu der vom Autor vorgeschlagenen Unterscheidung von Nation und Republik und zum völkischen Nationalismus im Grundgesetz. Vgl. hierzu auch die französische Debatte zum neuen französischen Sprachgesetz, das vom Conseil d'Etat unter ausdrücklichem Hinweis auf die Freiheit kulturellen Ausdrucks französischer Bürger zurückgewiesen wurde.
Jakob Rösel, Der singhalesische Nationalismus und die Aufstandsbewegung der Tamilen (Habilitationsschrift), Freiburg 1993, 886 S.
W. Said, Orientalism, Westem Conceptions of the Orient, Frankfurt/M. 1978.
Anthony Smith, Theories of Nationalism, London 1971.
Charles Taylor, Multkulturalismus und die Politik der Anerkennung (mit einem Beitrag von Jürgen Habermas), Frankfurt/M. 1993. Bassam Tibi. Von Gottesreich zum Nationalstaat, Frankfurt/M. 1987.
Heinrich August Winkler, Nationalismus, Nationalität, Supranationalität, Stuttgart 1993.

Bei dem vorliegenden Beitrag handelt es sich um die überarbeitete Fassung von Vorträgen, die der Verfasser auf Einladung des schwedischen Kultusministeriums am 17.6.1994 in Stockholm und am 30.6.1994 auf Einladung Prof. Klaus Bades in Osnabrück gehalten hat. D. Red.
1) Die Einwände des Verfassers gegen den kollektiven Schutz ethnischer und kultureller Minderheiten beziehen sich auf Einwanderungsgesellschaften und nicht auf die Bildung von Nationalstaaten mit unterschiedlichen Staatsvölkern (z.B. heute Schutz der ungarischen Minderheit im neuen slowakischen Staat) oder auf jene historischen Sonderfälle, bei denen durch politische Entscheidungen Miunderheiten in das Staatsterritorium übernommen wurden (z. B. Dänen in Schleswig-Holstein oder Südtiroler in Italien als Folge des Ersten Weltkriegs).
Quelle: Blätter fur deutsche und Internationale Politik 9/94

[ Top | Zurück ]


Most recent revision: April 07, 1998

E-MAIL: Martin Blumentritt