Multirassismus
"Seit der Wiedervereinigung ist das Land eigentlich ein Kandidat
für Prozesse, wie sie sich in Jugoslawien abgespielt haben und in der Tschechoslowakei
sich anbahnen, wobei die Trennung der Ostdeutschen von den Westdeutschen sogar leichter
durchzuführen wäre als die der Kroaten von den Serben, weil keine strittigen
Gebietsansprüche existieren." Uberlegungen zur moralischen Regression
der Ostdeutschen und zum Zusammenhang von Multikultur und Rassenkunde.
Meine Damen und Herren,
im Frühjahr noch, als die Referatthemen festgelegt wurden, war meine Absicht
die, Ihnen zu erzählen, warum das Gerede von den vielen Kulturen barer Unfug
ist: nichts als das falsche Bewußtsein einer halbgebildeten Mittelschicht,
die ihren Rassismus besser zu verpacken sucht und die Gelegenheit nutzt, bei den
Armen bißchen Lebensgefühl abzuschnorren.
Inzwischen fürchte ich, daß man das Thema ernster nehmen muß. Wenn
der Veranstalter in seiner Einladung zu dieser Tagung schreibt: "Das Zusammenleben
von Menschen unterschiedlicher Kulturen wird im wiedervereinigten Deutschland wie
in einem künftigen Europa eine schlichte Tatsache sein", dann sehe ich
die Gefahr heute auch. Tatsächlich vergeht seit dem Pogrom von Rostock kein
Tag ohne den Beweis, daß im Einheitsstaat ein zweiter Menschenschlag haust,
einer mit befremdlicher Mentalität sowie abartigen Sitten und Bräuchen.
Es sieht danach aus, als wären die vielen Kulturen keine leere Drohung gewesen,
nur daß es am Ende die Landsleute selber sind, die das Ensemble atavistischer
Gemeinwesen installieren und bilden. Vor unseren Augen wird gewissermaßen
eine Lüge wahr gemacht, und das ist ein etwas verwirrender Vorgang. Erwarten
Sie deshalb nicht von mir, daß ich für die jüngste Entwicklung eine
zumindest in sich geschlossene Erklärung liefern kann, obgleich der auf dem
Podium das eigentlich müßte.
Schon bei den Vokabeln fangen die Schwierigkeiten an. Wenn in den neuen Bundesländern
die Halbwüchsigen jede Nacht auf Menschenjagd ziehen, begleitet vom beifälligen
Gegröle der Alten, dann läuft die Klage über Fremdenfeindlichkeit
oder Rechtsextremismus ungefähr darauf hinaus, einen Bauchaufschlitzer wegen
Mangels an Zartgefühl zu tadeln. Obendrein meinen beide Begriffe Randerscheinungen,
sie setzten eine davon verschiedene Normalität voraus. Die Nazis etwa waren
1935 keine Rechtsextremisten, sie war nicht mal rechts, sondern sie waren überall.
Auch heute existiert fast kein Rechtsextremismus mehr, denn es fehlt die Normalität
links von ihm, auf die er sich logischerweise beziehen müßte. Ein Schimpfwort
hat sich also beinahe in einen Kosenamen verwandelt. Von Rechtsextremismus zu sprechen,
hieß früher, einer bestimmten politischen Gruppe alles Schlechte nachzusagen
und bedeutet heute, daß man die Entwicklung im Neuen Deutschland hemmungslos
beschönigt. Gemeint ist damit beispielsweise, daß die SPD unter ihren
Wendehälsen an der Spitze die "Republikaner" rechts überholt
und Schönhuber neben Kronawitter schon als gemäßigt gelten kann.
Wir sehen, wie alle Parteien in einer Ecke sich zusammendrängen und aneinanderkuscheln,
sie wirken wie die Flügel einer Einheitspartei, der freilich bislang noch das
Programm, der Führer und die Massenbasis fehlen.
Wenn also heute jemand das Gefühl bekommt, er wisse nicht mehr, wo oben und
wo unten, wo links und wo rechts sei, dann ist nicht immer das Hirn defekt, sondern
die Desorientierung spiegelt oft die Verworrenheit der Verhältnisse wieder.
Mit der Vereinheitlichung der Parteien scheint die Auflösung aller Institutionen
verbunden zu sein, welche der Gesellschaft bislang eine bestimmte Gestalt gaben.
Heute wird das Asylrecht der Stimmungslage geopfert, morgen werden es vielleicht
die Versammlungsfreiheit oder die Freizügigkeit sein. Zur Abschaffung von Grundrechten
paßt die Preisgabe aller politischen und moralischen Prinzipien, handele es
sich dabei um den heiligen Schwur, niemals Bundeswehreinsätzen im Ausland zuzustimmen
oder um den simplen Grundsatz, daß man sich nicht dauernd beim Lügen
und Betrügen erwischen lassen soll.
Dergleichen Überlegungen sind nicht neu, Besorgtes über den Zustand der
Parteien oder der Republik liest man in jedem zweiten Leitartikel, ganz unabhängig
von der parteipolitischen Orientierung des Blattes. Auch ein gewisser Zusammenhang
zwischen dem Niedergang von Staat und Gesellschaft einerseits und andererseits den
fortgesetzten, kollektiv begangenen Gewaltverbrechen wird in der Regel nicht geleugnet.
Aber stets werden die Bandenüberfälle auf Asylbewerber und ihre Wohnungen
nur als Symptome betrachtet, als Begleiterscheinungen, und meiner Ansicht nach wird
damit ihre wahre Bedeutung unterschätzt. Der kommt man wenn überhaupt,
nur auf die Spur, wenn man die Augen vor der Wirklichkeit nicht verschließt
und sich zur ausgesprochen unangenehmen Einsicht durchringt daß es Dinge gibt,
die es gar nicht geben dürfte.
Keine Angst, meine Damen und Herren, ich habe nicht vor, Sie zum hundertfünfzigsten
Mal eindringlich vor Auschwitz zu warnen, was sowieso keinen schreckt, weshalb man,
wenn man schon mahnend den Zeigefinger erhebt, statt auf Auschwitz besser auf Dresden
deuten sollte. Ich will Ihre Aufmerksamkeit vielmehr auf die Täter, Mittäter
und Sympathisanten lenken, darauf, daß ihr moralisches und äußeres
Erscheinungsbild in den neuen Bundesländern wie eine Bestätigung der Regel
wirkt, daß der Rassismus zur Rassenbildung führt, und zwar bei den Rassisten
selber. Denn anders als das Tier gehört der Mensch nicht kraft Geburt einer
Rasse an, sondern durch seine Existenz in einem Rudel von Verfolgern, wie selbst
Hitler zugab, insofern er immer wieder betonte, "Rasse sind wir nicht, Rasse
müssen wir erst werden" (Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler
Herrschaft). Die Menschen werden, was sie tun, weil ihre Tätigkeit das Bewußtsein,
die Physiognomie und den ganzen Körper prägt. Identität im Denken,
Fühlen, Handeln, Aussehen, wie die Rassenhorde sie entwickelt, ist kein Naturprodukt,
sondern Anpassung an die Erfordernisse der Jagd auf andere Menschen. Diese Anpassung
sorgt dafür, daß die vielen einzelnen als Glieder einer Meute funktionieren
und wie auf Kommando handeln können, ohne daß einer das Kommando geben
muß. Ferner dient sie der reflexartigen Feindidentifikation, die nur zwischen
gleich und ungleich oder bekannt und fremd unterscheidet und daher höchste
Ansprüche an die Gleichförmigkeit des Verfolgerkollektivs stellt. Abweichung
von der Art bedeutet Todesgefahr, wie im Krieg, wo man riskiert von den einzelnen
Kameraden irrtümlich erschossen zu werden, wenn man spaßeshalber eine
Phantasieuniform anzieht, oder wie im Rattenkäfig, wo das Tier mit dem abweichenden
Geruch von den anderen zerrissen wird.
Um zu verstehen, was gegenwärtig in der Zone, aber nicht nur dort geschieht,
kann es nützlich sein, sich an eine Theorie zu erinnern, derzufolge "wilde
Stämme und barbarische Völker nicht der Beginn, sondern der Uberrest großer
Zivilisationen sind" (Arendt), und was für große Zivilisationen
gilt, gilt natürlich noch mehr für die kleinen. Es findet - so meine Spekulation
- die Regression des höher organisierten Gemeinwesens statt, das der DDR-Staat
einmal gewesen war, seine Rückbildung in eine Horde, nicht anders übrigens
als in der Bundesrepublik, die es nun seit zwei Jahren in ihrer alten Form nicht
mehr gibt. Beiderseits der ehemaligen Grenze leben die Menschen jetzt in einem Verwaltungsgebilde,
dem etwas Entscheidendes fehlt. Es fehlt ihm das, was man bei anderen Nationen als
eigene Staatsidee bezeichnet, und was wohl bei der Person ihrem Selbstbewußtsein
entspricht. Dies Bewußtsein stellt meine Relation zu anderen her, ich vergleiche
mich mit ihnen, ich messe mich an ihnen, und sie geben mir Sicherheit, indem sie
bestimmte Erwartungen an mich richten.
Der große Vorteil für die Deutschen, solange sie in der BRD und in der
DDR lebten, war der, daß beide Staaten wußten, wem sie es recht machen
sollten, wem sie zu gefallen hatten, im einen Fall dem Westen, im anderen dem Ostblock.
Das Bewußtsein von den Erwartungen, die an sie gerichtet wurden, stellte ihre
Beziehung zur Menschheit her, der sie sich folglich zugehörig fühlen durftells
Solange es den Ost-West-Konflikt gab, war man zwangsläufig mit dabei bei dem
großen Spiel, das alle Nationen miteinander verhäkelte durch die nationenübergreifende,
universelle Frage, ob der Kapitalismus oder der Sozialismus die bessere Gesellschaftsform
sei. Im Streit um Objektives erfahren die Personen sich als gleichrangige Subjekte,
man könnte sagen als Mitglieder der menschlichen Gattung. Dort, wo es nur um
meinen subjektiven Vorteil geht, ist es egal, ob der andere mein Hund oder der Nachbar
ist. Mit beiden kann ich raufen, weil ich mein Steak behalten will. Uber die Frage
aber, ob zwei mal zwei vier ist, kann ich nur mit meinem Nachbarn streiten, und
dieser Streit gibt uns beiden die Sicherheit, daß wir Menschen sind. Ich glaube,
daß dieses hier ohnehin nie sonderlich stark entwickelte Bewußtsein
den Landsleuten gegenwärtig abhanden kommt und daß dieser Verlust erklärt,
warum sie in mancherlei Hinsicht den afrikanischen Eingeborenenstämmen zu ähneln
scheinen, wie Hannah Arendt sie beschreibt:
"Sie sind die Überlebenden einer großen Katastrophe, auf die weitere,
kleinere Katastrophen gefolgt sein mögen, bis sie die katastrophenhafte Einförmigkeit
ihrer Existenz als etwas Natürliches und Selbstverständliches empfanden.
Was sie von anderen Völkern unterschied, war nicht die Hautfarbe; was sie auch
physisch erschreckend und abstoßend machte, war die katastrophale Unterlegenheit
oder Zugehörigkeit zur Natur, der sie keine menschliche Welt entgegensetzen
konnten. Ihre Irrealität, ihr gespenstisch erscheinendes Treiben, ist dieser
Weltlosigkeit geschuldet. Da sie weltlos sind, erscheint die Natur als die einzige
Realität ihres Daseins; und sie gibt sich selbst dem Beobachter als eine so
überwältigende Realität mit weltlosen Menschen kann die Natur nach
Belieben umspringen -, daß an ihr gemessen die Menschen etwas Imaginäres,
Schattenhaftes, ganz und gar Unwirkliches annehmen. Das Unwirkliche liegt darin,
daß sie Menschen sind und doch der dem Menschen eigenen Realität ganz
und gar ermangeln. Es ist diese mit ihrer Weltlosigkeit gegebene Unwirklichkeit
der Eingeborenenstämme, die zu den furchtbar mörderischen Vernichtungen
und zu der völligen Gesetzlosigkeit in Afrika verführt hat."
Weltlosigkeit, wie Hannah Arendt sie den Eingeborenenstämmen attestiert, scheint
mir der treffendere Begriff für ein Phänomen zu sein, das man auch als
an Autismus grenzenden Realitätsverlust bezeichnen könnte.
Ich meine damit etwa den Plan, in Peenemunde am zweiten Jahrestag der dritten deutschen
Einheit den 50. Jahrestag der V2 zu feiern ein Vorhaben, das kein Einzelfall ist
und mehr als nur die böse Absicht und eine schmutzige Gesinnung verrät,
nämlich eine schwere Störung der Wahrnehmungsfähigkeit und eine außerordentliche
Trübung des berechnenden Verstandes. Man kennt dies Verhalten sonst von Personen,
die in der selbstgesuchten Vereinsamung vollkommen verwahrlosen, keine Rücksicht
mehr auf das Urteil anderer Menschen nehmen und überhaupt auf die Regeln der
Zivilisation. Beobachtet wurde eine solche Regression beispielsweise vergangenes
Jahrhundert an Gruppen Weißer, die in Südafrika den Kontakt zur Zivilisation
verloren, selber wie die Eingeborenen lebten und also, wie der Fachausdruck hieß,
verkafferten. Da sie sich als Gruppe nicht mehr an die Regeln der Zivilisation gebunden
fühlten, galten diese Regeln auch intern nicht mehr, was den kompletten Zusammenbruch
der herkömmlichen Moral bedeutete.
Ein ähnlicher Zusammenbruch könnte vielleicht die Erklärung liefern
für eines der rätselhaftesten Phänomene im Gefolge der Wiedervereinigung,
für die Tatsache nämlich, daß die "neue Teilung" so schleppend
vorankommt. Seit der Einheit ist das Land eigentlich ein Kandidat für Prozesse,
wie sie sich in Jugoslawien abgespielt haben und in der Tschechoslowakei sich anbahnen,
wobei die Trennung der Ostdeutschen von den Westdeutschen sogar leichter durchzuführen
wäre als die der Kroaten von den Serben, weil - mit Ausnahme West-Berlins vielleicht
- keine strittigen Gebietsansprüche existieren. Es stehen sich hier zwei um
den Reichtum konkurrierende Bevölkerungsteile gegenüber, deren jede länger
die Eigenstaatlichkeit besessen hat als die Slowaken oder die Kroaten. Obgleich
jedoch die Ossis außerdem eine Gruppe bilden, die jedem hier verhaßt
sein müßte, entsteht kein offener Streit. Begründete und berechtige
Abneigung gegen sie ist zwar latent vorhanden, aber sie artikuliert sich kaum.*
----- * "vom Traum zum Trauma" nennt die "Zeit" ihre Wiedervereinigungsserie
(seit dem 10.9.92), "Die neue Teilung: Deutsche gegen Deutsche" titelt
der "Spiegel" (vom 17. August), und selbsl "Bild" vom 5.9.92)
gesteht: "Im westen Deutschlands ist praktisch die gesamte Bevolkerung gegen
zusätzliche Belastungen zugunsten der Menschen im Osten.... Typische Stimmung
gestern: _Kohl und Waigel sollen sich das an den Hut stecken. Ich habe die Schnauze
voll._"
Um diesen Gedanken zu verdeutlichen, will ich mich bemühen, über die Ossis
einmal so zu reden, wie hier im Westen eigentlich jeder von ihnen denken müßte,
der nur etwas gesunden Menschenverstand und ein halbwegs intaktes moralisches Urteilsvermögen
besitzt. Jeder hier merkt doch, daß das Gebrüll der Ossis Betrug gewesen
war, als sie im Herbst l989 nach Demokratie und Einheit riefen. So riefen sie nur,
weil sie unseren Luxus wollten; im Ostblock die Reichsten zu sein, war ihnen nicht
genug. Das zeigt sich jetzt, wo sie die Einheit und die Demokratie besitzen, aber
noch nicht unser ganzes Geld. Wenn wir es nicht hergeben, drohen sie uns mit sozialen
Explosionen. Seit sie wählen dürfen, mögen sie nicht mehr, da sie
unter freien Wahlen freie Auswahl im Autosalon verstanden. Seit sie die Marktwirtschaft
von uns bekommen haben, sollen wir die Sozialisten sein, ihnen die Rente und Krankenkasse
bezahlen und obendrein Fabriken schenken.
Daß ihr Rassismus hochkonzentrierte ordinäre Schäbigkeit ist, geben
sie selber zu, andere zu verfolgen halten sie nämlich unter Verweis auf die
angebliche eigene schwierige Lage für ihr Recht. Gut fühlen sie sich,
wenn sie der Feigling sind, der brutal seine schwache Frau verprügelt, weil
er selber vor einem Stärkeren gekrochen ist. Auf die Idee, daß auch mal
Ossi-Busse im Westen brennen könnten, solche mit Pendlern aus Rostock beispielsweise,
die den Hamburgern die Arbeitsplätze nehmen, kommen diese sonderbaren Menschen
mit dem abgeschalteten moralischen Empfinden nicht. Unerbittlich und erbarmungslos
sind sie gegen Arme, aber von den Reicheren erwarten sie Mitleid und Mildtätigkeit.
Grausamkeit und Weinerlichkeit sind jeweils separat schon ekelhaft in der ossi-typischen
Mischung aber bilden sie gemeinsam ein Brechmittel von besonderer Wirkungskraft.
Selber haben die Ossis sich unter Vortäuschung ideeller Beweggründe bei
uns eingeschlichen, nicht aus Not, sondern wegen des erhofften materiellen Vorteils.
Treffen sie aber einen Elendsflüchtling fallen sie über den Bedürftigen
her und beschimpfen ihn als Scheinasylanten, wo sie doch selber Wirtschaftsflüchtlinge
im unangenehmsten Sinn des Wortes sind.
Weil wir reicher sind als sie, kommen sie uns auf die soziale Tour: Teilen ist ein
Gebot unter Christenmenschen, geben ist seliger denn nehmen. Bittet ein Ärmerer
sie ums Nötigste, darf er froh sein, wenn sie ihn nicht töten. Müssen
vor ihrer Haustür Asylbewerber nachts unter freiem Himmel schlafen, fühlen
die Ossis weder Mitleid noch Empörung darüber, daß den armen Menschen
keiner hilft, sondern sie fühlen sich belästigt. Nicht die Not, sondern
die Notleidenden wollen sie beseitigt wissen. Unentwegt fordern sie für sich
selber Solidarität, ohne sie anderen jemals zu gewähren. Als sie nach
der Maueröffnung in den Westen durften, klauten sie dort wie die Raben, lauter
Krimskrams, den sie gar nicht nötig hatten. Nimmt bei ihnen sich ein armer
Teufel von noch weiter östlich, was er dringend braucht, aber nicht bezahlen
kann, möchten sie ihn am liebsten Iynchen. Jeder weiß, daß in der
Zone Zehntausende auf unsere Kosten den Staat beim Begrüßungsgeld betrogen
und ihn immer noch beim Arbeitslosengeld, bei der Arbeitslosenhilfe und bei der
Sozialhilfe betrügen. Kriegt aber ein armer Schlucker aus Rumänien vom
Staat, den wir bezahlen,gerade so viel, daß er nicht verhungert, toben sie
und beschweren sich, daß ihr gutes Geld verschleudert werde. Offensichtlich
glauben sie, daß ihnen eigentlich alles gehören müßte und
wir mit ihrem Geld gefälligst sparsam umzugehen hätten.
An die Ausländer, sagen sie, würden sie sich erst ganz langsam gewöhnen
müssen. Daß aber wir von ihrer unerfreulichen, nimmersatten, raffgierigen
Sorte gleich 17 Millionen auf einen Schlag verkraften mußten, halten sie für
unsere Pflicht. Nicht nur daß sie stets zu feige waren, gegen das von ihnen
angeblich ungeliebte Regime zu protestieren, als der Protest noch so viel Mut gekostet
hätte, wie man braucht, um den Verzicht auf Beförderung und Bevorzugung
zu riskieren - den Verzicht auf die Zuweisung einer der begehrten Wohnungen im Neubauviertel
etwa, wo heute die widerlichsten Rassisten sippenweise nisten. Sondern in typischer
Radfahrermanier treten die ewigen Mitläufer wieder nur die Schwachen. Statt
sich mit den Gleichaltrigen anderer Nationalität eine faire Prügelei zu
liefern, wenn ihnen schon nach Prügeln und Nationalitätenkrieg zumute
ist überfallen Horden glatzköpfiger Klopse die Familien in Asylbewerberheimen,
weder Frauen noch Kinder schonen sie dabei. Die Gesichter dieser Helden kann man,
wenn man's aushält, lange betrachten, und findet doch keinen menschlichen Zug
darin. Abstoßend häßlich sind sie und in der Häßlichkeit
einander zum Verwechseln ähnlich.
Dies, meine Damen und Herren, war eine kurze Liste zutreffender Beobachtungen und
richtiger Uberlegungen, die eigentlich keiner weiteren Kommentierung oder Zuspitzung
mehr bedürften, um Verärgerung, bittere Vorwürfe, moralische Empörung
hervorzurufen. Sonderbarerweise tun sie es nicht, und mir scheint, daß die
Hauptreaktionen sich als lustloses "Richtig so", als gleichgültiges
"Was ist denn schon dabei" oder als resigniertes "Da ist nichts mehr
zu machen" charakterisieren lassen. Gewiß kann Nachsicht aus Gründen
der Sympathie oder des völkischen Gemeinschaftsgefühls eine Rolle spielen,
aber beliebt sind die Ossis hier ebenso gewiß nicht. Es wäre auch übertrieben,
zu behaupten, daß die Ossis durch Hoyerswerda und Rostock für Westdeutschland
ein strahlendes Vorbild geworden sind, obgleich man seither ihren politischen Führungsanspruch
als denjenigen einer Avantgarde faktisch anerkennt. Zwar sind die Ossis Schrittmacher,
Protagonisten, absolut auf der Höhe ihrer Zeit, während der Westen noch
die - freilich rapide verblassende - Erinnerung an bessere Tage besitzt. Aber bewunderte,
gar geliebte Nationalhelden sind sie trotzdem nicht, deshalb vielleicht, weil der
Verfall des Denkens in moralischen Kategorien so weit fortgeschritten ist, daß
die Menschen zur Begeisterung wie zur Empörung eigentlich gleichermaßen
unfähig werden.
Mag sein, daß dies nun ist, was als Kultur bezeichnet wurde, ein Wort, das
eine noch hinter die animalische Existenzform zurückfallende, bloß vegetabilische
Daseinsweise meint, jenseits nicht nur von Gut und Böse, sondern auch jenseits
von Trauer und Glück, und manchmal ein wenig unheimlich, insofern auch die
wuchernden Gebilde dazugehören, die im Labor beim Experiment mit Pilz-Sporen
oder Bakterien entstehen.
Wie ich Ihnen zu Beginn meines Vortrags schon gestand, sind mir weder die aktuellen
Zusammenhänge restlos klar, noch die Konsequenzen. Nach Rostock steht man ein
wenig belämmert da, nicht weil die Sache so schrecklich gewesen wäre,
sondern weil sie die Gesetze der Logik gleich reihenweise außer Kraft gesetzt
hat. Es ist nicht einzusehen, welchen Vorteil der Staat sich davon versprach, zum
Pogrom zu ermuntern und es zu dulden, denn Kapitulation vor dem Mob bedeutet für
ihn den Verlust seiner Autorität. Es ist, falls das Pogrom vom Staat nicht
vorsätzlich geduldet wurde, nicht einzusehen, warum die dafür Verantwortlichen
dann nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Die Tatsache, daß der Ministerpräsident,
der Innenminister und die ganze Clique noch immer im Amt sind, statt vor dem Untersuchungsrichter
zu stehen, wirft mehr als nur die üblichen Fragen nach der Moral von Politikern
auf. Sie zeigt vielmehr exemplarisch, daß das Gesetz von Ursache und Wirkung
für die handelnden Personen dergestalt aufgehoben ist, daß ihre Taten
oder Unterlassungen für sie keine Konsequenzen haben. Damit aber tritt ein
Zustand ein, wo das Denken seinen Sinn verliert, und über diesen Zustand kann
man dann auch wenig Vernünftiges sagen.
Ziemlich genau kenne ich dagegen die lange Vorgeschichte. Es ist die Geschichte
einer Konditionierung, einer Gewöhnung an die absurde Idee, man könne
hinsichtlich der Menschen heute von Kulturen sprechen, und wenn Sie noch Geduld
haben, will ich Ihnen diese Geschichte erzählen
Erlauben Sie mir, daß ich zum Stichwort Kultur kurz mich selbst zitiere, aus
einem Bändchen, welches 1984 erschien. Dort hieß es: "Kultur, 'früher
das Wahre, Schöne, Gute, später Das Beste, noch später in der Gunst
des Publikums ganz tief gesunken, erfreut sich seit geraumer Zeit wieder stetig
wachsender Beliebtheit. Die beiden Kulturen, die etablierte und die alternative,
die einem angeblich von Glotz in die Welt gesetzten Gerücht entstammen, haben
sich wie ein paar Karnickel vermehrt, vor lauter Eßkultur, Wohnkultur, Körperkultur,
Freikörperkultur und nicht zuletzt politischer Kultur kann man sich kaum noch
retten."
Weil heute die Anspielung auf Glotz keiner mehr begreift, muß ich kurz den
Hintergrund schildern. Vermutlich wissen Sie alle noch, daß es Ende der 60er
Jahre mal eine Protestbewegung gab, die sich als politische verstanden hat. Sich
selber als politisch zu verstehen hieß, in Kategorien wie Unterdrückung
und Befreiung, revolutionär und reaktionär, rechts und links, bürgerlich
und marxistisch, kapitalistisch und proletarisch, imperialistisch und antiimperialistisch,
nationalistisch und internationalistisch zu denken. Gegenstand solcher Uberlegungen
war die Verteilung von Macht und Reichtum treibende Kraft hinter den Gedanken aber
die Empörung über die herrschende Klasse in den wenigen reichen Ländern.
Ihr wurde vorgeworfen, mit allen Machtmitteln den von ihr selbst geschaffenen Zustand
einer Welt verewigen zu wollen, in der zwei Drittel der Menschheit bitterstes Elend,
entsetzliche Armut und nackten Hunger litten. Der eine Unterschied zu heute war
der, daß es damals um Solidarität mit den "Verdammten dieser Erde"
ging, nicht um den Schutz des tropischen Regenwaldes vor ihnen. Der andere Unterschied
bestand darin. daß französische Proletarier, amerikanische Schwarze,
vietnamesische Befreiungskämpfer, kubanische Revolutionäre einem in jeder
Hinsicht nahe standen, und deutsche Unternehmer, Angestellte oder Durchschnittsspießer
in jeder Hinsicht fern.
Zehn Jahre später, also ums Jahr 1980 herum, war die Forderung vergessen, daß
man Menschen nicht nach ihrer Herkunft einstufen soll, sondern nach ihrem Bewußtsein,
ihrem Willen, ihrer moralischen Integrität, ihrer politischen Vernunft und
vor allem nach ihrem Verhalten in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen. Statt
der antiimperialistischen Linken gab es die sogenannten Alternativen, eine heimattümelnde
Sammlungsbewegung hartgesottener Softies im Schlabberlook. Wie alle Egoisten bedurften
sie des Gemeinschaftserlebnisses, das die politische Solidaritat ersetzen muß.
Gemeinschaftserlebnissc stellen sich ein, wenn viele dasselbe tun und dies ein bißchen
anders als die anderen. Christen beten, Soldaten marschieren, Burschenschaltler
trinken Bier. Bei den Alternativen war das so, daß sie Körner aßen,
im selbstgezimmerten Hochbett schliefen und gelbes Olzeug trugen. Weil dies vornehmlich
eine bestimmte Altersgruppe tat, beklagte man den Zerfall der Nation in zwei einander
fremde Gruppen, die man aus Gründen, die ich später erkläre, die
"zwei Kulturen" nannte. Nicht nur das Lebensgefühl der Jungen, ihre
Hoffnungen und Wünsche seien sternenweit von denen der Alten entfernt, sondern
der Verlust selbst einer gemeinsamen Sprache drohe den verfeindeten Generationen,
hieß es damals. Die einschlägigen Medien bauschten die Sache mächtig
auf, es stand wieder mal das Schicksal der Nation auf dem Spiel, und Politiker wie
Glotz, Eppler oder Vogel begriffen die vermeintliche Zerrissenheit als Chance für
die eigene Profilierung. Sie spielten den Vermittler und leierten allerlei Beschnupperungsveranstaltungen
an. die unter dem Obertitel "Dialog zwischen den Generationen" liefen.
Passiert war in Wahrheit, was man überall beobachten kann: Je ähnlicher
die Leute einander werden, desto verkrampftere Formen nehmen die Abgrenzungsbemühungen
an. An der Schwelle zur eigenen CouchGarnitur, kurz bevor die Kinder so senil wie
ihre Eltern werden, färben sie sich noch mal die Haare grün. Was als Zeichen
erbitterten Widerstandes erscheint, signalisiert schon die Kapitulation. Ähnlich
verhielt es sich mit der Protestbewegung, die während der 70er Jahre alle Ziele
aufgab, durch welche sie sich substantiell vom Rest der Gesellschaft unterschieden
hatte. Faktisch mit dem einstmals verachteten Gegner identisch geworden und ihm
zum Verwechseln ähnlich, kam es nun auf deutliche Zeichen an, wie im Krieg,
wo die Soldaten aller Parteien dasselbe tun und verschiedene Uniformen tragen müssen,
damit man sie auseinanderhält.
An die Stelle des politischen Inhalts trat, was man damals den Lebensstil nannte.
Vom Normalbürger unterschied sich der Körnerfresser durch seine Konsumgewohnheiten,
eben dadurch, daß er demonstrativ Müsli aß. Das Kommunikationsproblem
zwischen den Generationen entsprang nicht ihrer Zerstrittenheit, wie behauptet wurde,
sondern ihrer stillschweigenden Ubereinkunft in allen grundsätzlichen Fragen.
Sie hatten sich nichts zu sagen, weil es kein Thema für Kontroversen gab. Als
überzeugter Marxist entwickelt man einen missionarischen Eifer und eine nervtötende
Geschwätzigkeit, denn man hat Argumente genug, um andere überzeugen zu
wollen. Wenn hingegen der Omo-Fan den Persil-Fan oder der Weintrinker den Biertrinker
trifft, gilt die Regel, daß über Geschmack sich schlecht streiten läßt.
Statt "Kapitalismus oder Sozialismus" hieß die Gewissensentscheidung
ums Jahr 1980 herum also "Jute oder Plastik", und das war ein die Wesensgleichheit
schon implizierender marginaler Unterschied. Denn zwei Personen müssen sich
verteufelt ähneln, wenn die Hauptdifferenz zwischen ihnen die ist, daß
die eine auf Wolle und die andere auf Baumwolle schwört. Warum also, so die
Frage, nahm man die Bagatelle dermaßen tragisch, daß man von zwei Kulturen
sprach? Gewiß hat dabei der Wunsch eine Rolle gespielt, Belanglosigkeiten
in den Rang des Bedeutsamen zu erheben, aber der Bedarf an Bedeutsamkeit ist mit
simplem Geltungsbedürfnis nicht zu erklären - hatte zuvor doch niemand
die Kultur vermißt. Bis zum Ende der 60er Jahre war sie das Privatvergnügen
der gebildeten Stände gewesen, Zeitvertreib einer kleinen Minderheit, deren
Mitglieder obendrein zur Protestbewegung überliefen, die vom Theater und von
der Literatur nicht etwa Kultur, sondern politische Parteinahme und politische Botschaften
verlangte. Schon das Wort war verpönt, ein Schimpfwort fast. Wurde es überhaupt
verwendet, dann in der Verbindung Kulturrevolution. Darunter verstand man nicht
die Verbesserung der Kultur, sondern ihre Zerstörung im Interesse einer von
traditionellen Zwängen Vorstellungen, Sitten, Brauchen, Tabus und Verhaltensregeln
befreiten Gesellschaft.
Um so erstaunlicher also, daß anfangs der 80er Jahre in der Bundesrepublik
plötzlich gleich zwei Kulturen in aller Munde waren und man nicht abfällig
oder höhnisch, sondern ernsthaft und zustimmend davon sprach. Offenbar begann
sich damals schon das Krisenbewußtsein zu regen, das in der Folgezeit die
Herausbildung völkischer und chauvinistischer Bewegungen gefördert hat.
Anscheinend ahnten oder spürten alle, daß es mit dem Kapital wieder mal
zu Ende ging.
Für die Deutschen bedeutete dies, ein durch die Geschichte extrem kompromittiertes
völkisches Bewußtsein revitalisieren zu müssen. Notwendig war daher
ein Zwischenschritt. Statt den Kulturkampf gleich in die große Arena zu tragen,
wurde er erst mal daheim vor dem Spiegel geübt. Von der deutschen Kultur im
Unterschied zur fremdartigen oder artfremden hätte damals noch keiner zu reden
gewagt, jeder hätte sonst den Braten gerochen. Von der alternativen und der
etablierten Kultur zu sprechen, klang hingegen ganz harmlos und unverfänglich.
Gab es einen des Nationalismus weniger verdächtigen Sport, als untereinander
über den richtigen Lebensstil zu streiten? Nicht mal das Wort Nation kam
darin vor.
Oft versteht man gesellschaftliche Phänomene in Deutschland nur, wenn man zwischen
Inhalt und Form unterscheidet. Auf den Inhalt - alternativ gegen etabliert, Körnerfresser
gegen Toastbrotfans - nämlich kam es damals erst in zweiter Linie an. Wichtiger
war, die Form zu entwickeln und bestimmte Kategorien oder Denkweisen einzubürgern.
Daß die Menschen sich vornehmlich nicht durch Reichtum und Macht, sondern
durch Kultur unterscheiden, rnußte allmählich zum Grundrauschen der Hirntätigkeit
werden. War nun dieser Punkt erreicht, wurde es fürs Austauschen der Inhalte
Zeit. Alternativ und etabliert waren schnell vergessen, deren Stelle nahm das Nationale
ein also statt alternativer und etablierter Kultur mehrere nationale Kulturen. Und
was war denn schon dabei: Kann es Sünde sein, von der Kultur zu sprechen? Schließlich
sprachen wir doch die ganze Zeit schon davon.
Erst also war der Lebensstil der Sirup und die Kultur war die Pille. Hatte man sich
an den Geschmack gewöhnt, wurde die Kultur ihrerseits zum Sirup, und die Pille
drin war die Nation. Damit war freilich die Katze noch immer nicht aus dem Sack.
Statt von der eigenen Nationalkultur oder nationalen Identität sprach man erst
mal von der anderen. Die der Juden, Roma, Sinti, Indianer Palästinenser wurde
nun entdeckt und erforscht. Jüdische, nicht deutsche Geschichte, Sitten, Bräuche
faszinierten zunächst den Völkerkundler. Einen Zigeuner so zu nennen war
verpönt, über Roma und Sinti Bescheid zu wissen Pflicht - gerade so, als
müsse der andere mir seinen Ahnenpaß zeigen und als könne er von
mir verlangen, daß ich mich für seine Privatangelegenheiten interessiere.
Denn es ist seine Privatanegelegenheit. welcher Religionsgemeinschaft oder Volksgruppe
er sich aus welchen Gründen zurechnen zu können meint.
Damals, als die Zigeuner noch nicht deutschen Rasen verdreckten, sondern deutsche
Herzen beglückten, die der Linken vornehmlich, die einen mit dem Dauergedudel
von Häns'che Weiß-Platten nervten - damals schon roch der verbissene
Folklore-Rummel stark nach Rassenkunde, aber er war ja angeblich so herzensgut gemeint.
Hatten nicht gerade die von den Nazis als minderwertig eingestuften und deshalb
verfolgten und ermordeten Völker verdient, daß die Deutschen nun ihnen,
d.h. weniger den Menschen, aber ihrer Kultur, den nötigen Respekt erwiesen?
Und kann man den Respekt gegenüber einem Volk besser zum Ausdruck bringen als
dergestalt, daß man seine Musik liebt, seine Geschichte erkundet sowie seine
Sitten und Bräuche studiert? Nun, hätten die Landsleute ihre eigene Geschichte
besser gekannt, hätten sie gewußt, daß in den Schaltstellen der
SS Deutsche saßen, die Geschichte des Judentums und Hebräisch besser
konnten als die meisten Juden.
Vom Interesse an der fremden Kultur zum Interesse an der eigenen war es dann nur
noch ein kleiner Schritt. Parallel zur Friedensbewegung, die den äußeren
Feind identifizierte, nämlich die Deutschland mit ihren Atomraketen bedrohenden
Supermächte, kam im Inneren die Suche nach der nationalen Identität in
Schwung. Man dürfe die nationale Frage nicht den Rechten überlassen, sondern
müsse sie selber stellen, tönte es von links. Begriffe wie Volk, Heimat,
Vaterland galten nicht mehr als reaktionäre Lebenslügen, die immer falsch
sind und bei den Deutschen außerdem verbrecherisch. Freimütig bekannten
sich vielmehr die zum Patriotismus konvertierten Linken dazu, die damals tonangebend
für das ganze Meinungsklima waren. Wenn wir vom jüdischen Volk und vom
Volk der Sinti sprechen dürfen, warum denn dann vom deutschen nicht? Wenn die
anderen auf ihre Kultur stolz sein dürfen und wir ermuntern sie ja ausdrücklich
dazu -, gilt dann für uns nicht gleiches Recht?
Nun war man zwar die Hemmungen los, aber man muß nicht nur wollen, sondern
auch können. Sich zur Kultur des eigenen Volkes zu bekennen ist nicht leicht,
wenn die Bevölkerung die eigene Muttersprache nicht richtig kann, eigentlich
von jedweder Kultur keine Ahnung hat, meistens "Bild-Zeitung" liest, das
eigene Essen nicht besonders mag, nicht mal ein richtiges Nationalgericht besitzt.
Doch auch dieses Problem wurde mit Hilfe des Tricks gelöst, im Falle verschiedener
Konsumgewohnheiten von verschiedenen Kulturen zu sprechen. Exemplarisch war nämlich
damit der Begriff fungibel geworden, also willkürlich applizierbar. Vorher:
Wenn Zucker draufsteht, muß auch Zucker drin sein. Nachher: Wenn Zucker draufsteht,
und Salz ist drin, müssen wir umdenken. Fortan ist Zucker das, was man in die
Suppe streut. Was wie heißen soll, entscheide ich. Wenn ich im Falle von Hartbrotfans
und Weichbrotfans von zwei Kulturen spreche, sind sie das. Das ist eben meine Definition
von Kultur oder mein Verständnis von ihr. Mag schon sein, daß man früher
anders dachte, aber daran bin ich nicht gebunden. Ich nämlich denke grundsätzlich
alles um.
Diese Umdenkerei wäre nun ein reichlich irres, aber harmloses Gesellschaftsspiel,
würden die Umdenker auch neue Wörter erfinden, statt die alten zu benutzen.
Selbstverständlich tun sie das nicht, und der Effekt der Taschenspielerei ist,
daß neue Inhalte alte Bedeutungen bekommen. Aller konventionellen inhaltlichen
Bestimmungen entleert, hatte beispielsweise die Kultur doch ihre Bedeutung als eines
Mittels zur Unterscheidung wesensverschiedner Gruppen von Menschen beibehalten,
schließlich war der Name noch der gleiche. Nur die Notwendigkeit bestand nicht
mehr, daß als wesensverschieden deklarierte Gruppen von Menschen sich hinsichtlich
solcher Eigenschaften unterscheiden müssen, wie die meisten, wenn nicht alle
Leute sie doch heute gar nicht erwerben können.
Traditionsgemäß versteht man unter Kultur - um aus einem philosophischen
Lexikon zu zitieren - die Gesamtheit "der Leistungen und Werke eines Volkes".
Zweifellos schwingt in diesem Begriff, anders als im Begriff der Zivilisation, schon
die völkische Relativierung mit, also die Unterscheidung nicht zwischen wahr
und falsch oder gut und schlecht, sondern meinetwegen zwischen deutsch und undeutsch.
Trotzdem steckt im Verweis auf die Leistungen und die Werke der Anspruch, daß
die Kultur sich an einem objektiven Maßstab müsse messen lassen, und
daß eben nicht alles, was an menschlichen Hervorbringungen existiert, deshalb
auch schon Kultur und insofern gleichwertig ist. Zum Begriff der Kultur gehört
die Unterscheidung zwischen primitiven Kulturen und Hochkulturen, wie zur Zivilisation
die Unterscheidung zwischen Zivilisation und Barbarei gehört. Sinnvoll und
möglich ist die Unterscheidung zwischen primitiven und Hochkulturen wiederum
nur, wenn ich einen inhaltlich bestimmten Begriff von Kultur überhaupt besitze,
demzufolge sie meinetwegen für den Menschen Verfeinerung seiner Sinne, Entwicklung
seines Verstandes, Uberwindung roher Begierden, Versitt]ichung seiner gesellschaftlichen
Verhältnisse, Nutzbarmachung des Landes etc. bedeutet, kurzum: Emanzipation
von den Zwängen und der Not des unmittelbaren Naturzusammenhangs.
Zu behaupten, daß man im gegebenen Fall es mit zwei verschiedenen Kulturen
und durch sie geschiedenen Gruppen von Menschen zu tun habe, war also ursprünglich
zwar ein gravierendes, folgenschweres Urteil. Gleichzeitig aber war es eines, das
nicht absolut willkürlich geßllt werden konnte, sondern der Uberprüfung
standhalten mußte. Andere oder sich selbst einer bestimmten Kultur zuzurechnen,
verhieß insofern kein ganz unbeschwertes Vergnügen, als dafür bestimmte
Bedingungen erfüllt werden mußten. Denn ein Angehöriger der französischen
oder deutschen Kultur, also sagen wir mal ein vollwertiger Franzose oder Deutscher,
bin ich nur wenn ich über die Leistungen und Werke meines Volkes zumindest
dergestalt verfüge, daß ich sie wiedergeben kann. Nicht, daß ich
als Deutscher unbedingt ein Goethe sein müßte, aber Goethe gelesen und
davon auch was behalten haben, muß ich schon.
Bringt man dieses Argument in Diskussionen vor, so tritt immer jemand auf, der einem
zu verstehen gibt, daß man ein bißchen hinter dem Mond sei und den wissenschaftlichen
Fortschritt verschlafen habe. Das war einmal, sagt er beispielsweise, mittlerweile
hätten die Reformer den Kulturbegriff entschlackt und modernisiert, heute würde
er ganz anders definiert. Goethe und Mozart zu verlangen, sei altmodisch und elitär,
keineswegs ginge die Kultur in den Vorstellungen auf, die das Bildungsbürgertum
sich von ihr mache. Neben der bürgerlichen Kultur gebe es noch die bäuerliche
oder die proletarische, eben die ganze Alltagskultur. An die Stelle des wertenden
Kulturbegriffs sei der wertfreie der Ethnologen oder Kulturanthropologen gerückt.
Alle regelhaft wiederkehrenden Verrichtungen sind demnach Kultur, ob ich nun jeden
Abend meine Pellkartoffeln mit Salzhering vertilge und mich dann, vollgepumpt mit
Kartoffelschnaps, auf den Strohsack werfe, oder ob ich jeden Abend ins Theater gehe
und anschließend fürstlich dinieren kann. Ist im einen Falle eben die
proletarische und im anderen die bürgerliche Kultur. Oder wenn die Menschenfresser
Menschenfleisch essen, ist das eben ihre Kultur, keiner soll darüber rechtells
Obendrein - und bei diesem besonders dummen Einwand hält der Fortschrittsmensch
sich immer für besonders pfiffig sei es schon falsch, überhaupt von der
Kultur zu reden, wo doch heute jeder Laie weiß, daß es nur Kulturen
gibt und der Fachmann zusätzlich die Subkulturen kennt. Oder hat einer schon
mal die Banane gesehen, wo man in der Realität doch nur Bananen findet? Nicht
bedacht hat der Pfiffikus freilich, daß ich die Banane schon im Kopf haben
muß, um in der Realität bestimmte Gegenstände als Bananen identifizieren
zu können.
Über die erkenntnistheoretischen Implikationen dieses modernisierten Kulturbegriffs
könnte man noch lange lamentieren, und noch länger über den moralischen
Wert einer Theorie, die so volkstümlich und menschenfreundlich daherzukommen
scheint, wenn sie Armut und Elend zur mit jeder anderen gleichrangigen Kultur verklärt,
auf die keiner verächtlich hinabblicken dürfe, was mit anderen Worten
doch nur heißt, daß es gar nichts daran auszusetzen gibt, wenn der eine
im Daunenbett und der andere unter der Brücke schläft - jedem Tierchen
sein Pläsierchen, jeder Gruppe ihre Kultur.
Hier aber kommt es mir auf einen anderen Punkt an, auf den Trick nämlich, den
Inhalt des Begriffs der Willkür preiszugeben, ihn zur Definitionsfrage zu erklären,
und gleichzeitig das Wort mit seinem Nimbus beizubehalten. Was Kultur ist, und wann
zwei Kulturen verschieden sind, bestimme dann nach Maßgabe meiner subjektiven
Interessen ich, da ich die absolute Definitionsmacht besitze. Ich sage beispielsweise,
die aus Rumanien zugewanderten Zigeuner besäßen eine von der deutschen
verschiedene Kultur, weil sie mit der Toilettenspülung nicht umzugehen wissen.
Vollkommen berechtigt und keineswegs diskriminierend ist diese Entscheidung im Sinne
der Kulturanthropologie, die von den Subjekten ja nicht verlangt, daß das
eine die 60.000 Schriftzeichen der chinesischen Hochsprache beherrsche und das andere
eine fundierte humanistische Bildung besitze, damit man von zwei verschiedenen Kulturen
sprechen kann. Wichtig ist nur die Regelhaftigkeit, aufs Klo geht der Mensch ziemlich
regelmäßig, und wie er's macht, das ist dann eben ein Element der Alltagskultur,
das zur Unterscheidung zwischen verschiedenen Kulturen so gut taugt wie j edes andere,
wenn auch das Erlernen der chinesischen Schriftzeichen oder der Erwerb einer humanistischen
Bildung 20 Jahre dauert und die Unterweisung im Umgang mit dem Druckspüler
vielleicht 20 Sekunden.
Damit ich meine Entscheidung treffen kann, wie es mir gefällt, relativiere
ich also den Kulturbegriff erst mal bis zur Bedeutungslosigkeit, nenne die Ansprüche,
die man früher an ihn stellte, elitär, und behaupte, er diene lediglich
der Klassifikation und beinhalte keine Wertung. Wenn die Entscheidung aber gefallen
ist, hat sie plötzlich nicht mehr den Charakter eines bloßen Klassifizierens
oder bloß subjektiven Beliebens. Dann schlägt der Begriff mit der Wucht
seiner ganzen Bedeutungsschwere zu, die er in Deutschland traditionsgemäß
besitzt. Die andere Kultur ist dann nicht mehr bloß die andere, sondern die
fremde, und die fremde ist nicht mehr bloß die fremde, sondern die inferiore.
Obwohl die Einheimischen nichts, nicht mal die eigene Sprache, so gut können,
daß ein Ausländer sie nicht in zwei Jahren einholen und übertreffen
könnte; obgleich sie also, gemessen an einem emphatischen Begriff von Kultur,
eigentlich kulturlose Barbaren sind, rechnen sie selber sich einer Hochkultur zu
welche sich von der primitiven der zugewanderten rumänischen Zigeuner unterscheidet,
und berufen sich dabei auf ihre Fähigkeit, im Klo den richtigen Hebel zu drücken.
Die Voraussetzungen für diesen Irrsinn, nämlich die Entleerung des Kulturbegriffs
von einem bestimmten Inhalt, wurden in der Bundesrepublik eben damals geschaf fen,
als die Medien, prominente Politiker und natürlich die Alternativen selbst
den Begrift zur Kennzeichnung zweier Gruppen verwandten, die alle beide nichts von
dem besaßen, was Kultur einmal hieß. Die Folge davon, daß Kultur
nun alles und jedes bedeuten konnte und es im Belieben der einzelnen stand, sich
mit dem Prädikat zu schmücken, war eine sensationelle Kulturvermehrung.
Lange bevor die multikulturelle Gesellschaft gefordert wurde, gab es sie schon dergestalt,
daß neben den im Zitat bereits genannten Kulturen auch noch die Unternehmenskultur,
die Streitkultur, die Diskussionskultur, vermutlich auch die Armutskultur und gottweißwieviele
andere Kulturen existierten.
Die zentrale Lüge des Geredes von den verschiedenen Kulturen besteht also darin,
daß es Einwanderer zu Angehörigen einer anderen Kultur erklärt,
obgleich diese Einwanderer sich in allen Dingen von Belang überhaupt nicht
von den Einheimischen unterscheiden müßten. Wenn sie es doch tun, liegt
das nicht an ihrer Herkunft, sondern an den Bedingungen im Einwanderungsland, an
den Erwartungen nämlich, die man in der Bundesrepublik an die Einwanderer richtet.
Weil sie als Einwanderer nicht akzeptiert werden, sondern Ausländer bleiben
sollen, müssen sie hier die Exoten spielen. Spanier müssen, wenn die Deutschen
sie mal mögen sollen, Flamenco tanzen, was sie wie die meisten Spanier in ihrem
Herkunftsland ebensowenig taten, wie unter Ihnen vermutlich jemand jodelt, obgleich
wir hier in Bayern sind. Wenn das Verständnis der Deutschen für die Ausländer
geweckt werden soll, müssen letztere eine Folklore-Show und Spezialitäten
vom Grill servieren, weil die Deutschen ihr Vorurteil bestätigt haben möchten,
daß die Ausländer anders sind als sie. Nur begreiflich, daß dann
Einwanderer in der Bundesrepublik manchmal so türkisch werden, wie sie in der
Türkei nie gewesen waren und die hochmoderne türkische Oberschicht überhaupt
nicht ist.
Denn in keinem der Herkunftsländer von Einwanderern dominiert noch unangefochten
eine auf Tradition basierende geschlossene Lebensform mit festen Sitten, Bräuchen,
Trachten, Festen, was schon daraus ersichtlich wird, daß diese Länder
zu Auswanderungsländern geworden sind. Wenn eine Gesellschaft ihre Mitglieder
nicht mehr halten, beschäftigen und ernähren kann, steckt sie selber in
einem krisenhaftel Umbruch, welcher von der materiellen Produktion bis zu den Lebensgewohnheiten
sämtliche Sphären erfaßt. Während man die Einwanderer zum Festhalten
an einer fiktiven Tradition unter dem Vorwand animiert, sie sollten Verbindung zur
Heimat halten, ändern sich dort die Verhältnisse schneller als hier. Anpassungsprobleme
haben die Menschen dann in jedem Fall, ob sie auswandern oder im Land bleiben, das
gewaltigen Umwälzungen unterworfen sein wird. Nirgendwo, schon gar nicht im
Herkunftsland werden sie die Bedingungen wiederfinden, unter denen sie aufgewachsen,
und mit denen sie vielleicht vertraut geworden sind. Fremdheit ist heute keine geographische
Kategorie, sondern eine soziale. Uberall bricht sie nicht von außen herein,
sondern von innen hervor.
Soziale Randgruppen wie Obdachlose, Trebegänger, Drogenabhängige, sonderbare
Jugendsekten, Esoteriker und andere Spinner werden von der Gesellschaft nicht importiert,
sondern produziert. Was das Erscheinungsbild und die Sitten der Einwanderer betrifft,
die je nach Geschmack die Einheimischen verstören oder ihre Kultur bereichern
sollen, so müssen das Erscheinungsbild und die Riten rein deutschstämmiger
Hare-Krishna-Jünger, Pfälzer Punker oder badischer Skinheads beim Normalverbraucher
entweder die größere Verstörung bewirken, oder sie sind der größere
Kulturgewinn. Wer das Fremde sucht, kann es ganz in der Nähe finden. Oft sieht
der eigene Sohn oder die eigene Tochter mit dem violetten Büschel auf dem kahlgeschorenen
Kopf drolliger aus als der Wilde in Kriegsbemalung aus dem Bilderbuch. Noch leichter
geht es, wenn man einfach in den Spiegel schaut. Da kann man, vor allem morgens,
manche Uberraschung erleben.
Nur weil jede nationale Besonderheit heute Folklore ist und Folklore ein Konsumartikel,
kann für die Einwanderer geworben werden mit dem unappetitlichen Raffer-Argument,
ihre Kultur würde die hiesige bereichern. Andernfalls müßte dies
Versprechen von ausnahmslos jedem als Drohung empfunden werden, deshalb nämlich,
weil jeder schon von der Kultur des eigenen Landes hoffnungslos überfordert
ist und er kaum Wert darauf legen kann, daß nun zusätzlich zu den ungelesenen
deutschen Klassikern auch noch die ungelesenen türkischen Klassiker auf sein
Gewissen drücken. Und nur, weil man nicht Kultur, sondern anspruchslose Unterhaltung
will, kann man den normalen Einwanderer aus Anatolien für einen Kulturbotschafter
halten, was er ebenso wenig ist, wie wir es wären, forderten uns in Melbourne
die Einheimischen dazu auf, im Trachtenjanker einen Schuhplattler aufs Parkett zu
legen, danach Beethoven auf dem Klavier zu spielen und zum Abschluß ein paar
Goethe-Gedichte aufzusagen. Jeder weiß auch, daß die vermeintlichen
kulinarischen Spezialitäten der Einwanderer von Paella bis Pizza heute internationales
Fastfood sind, weil sie früher das Armeleuteessen waren, also schnell und billig
herzustellen sind.
Weil die Verlogenheit des Kulturgeredes so offenkundig ist, daß man sich beim
Aufdecken und Aufdroseln dieser Verlogenheit fast ein bißchen dumm vorkommt
- deshalb auch, weil man den anderen vermutlich nur erzählt, was die schon
wissen; weil also Irrtum ziemlich ausgeschlossen ist, kommt man zwangsläufig
auf die Frage zurück, welcher Sinn hinter dem Vorsatz steckte.
Ein Motiv wurde schon genannt, nämlich die Befürwortern und Gegnern der
multikulturellen Gesellschaft, d.h. "Republikanern" und "Grünen".
gemeinsame Absicht, die in der Bundesrepublik lebenden Einwanderer als Angehörige
einer fremden Kultur zu betrachten, was logischerweise Forderung "Ausländer
raus" führen muß. Wird nämlich Einwanderern das Recht zugestanden,
daß sie gruppenweise die tradiert Sitten und Bräuche gegen neue Einflüsse
verteidigen, so ist nicht einzusehen, warum die Deutschen dies Recht im eigenen
Land vorenthalten werden soll und Oberammergauer bei sich eine islamische Gemeinde
dulden müssen. Ferner erfüllt das Lancieren einer Debatte über die
multikulturelle Gesellschaft natürlich den Zweck, von den wirklich entscheidenden
ökonomischen und politisch Problemen abzulenken. Für Verständnis
zwischen Deutschen und Ausländern zu werben oder letztere rauszuekeln, ist
eben billiger als die Förderung des sozialen Wohnungsbaus.
Erklärungen ähnlicher Art ließ sich noch einige finden, doch wirken
sie ein wenig an den Haaren herbeigezogen und vordergründig. Man versteht nicht
ganz warum die Landsleute sich auf das Spiel mit den Ausländern überhaupt
eingelassen haben, schließlich hat das von ihnen keiner verlangt, und die
Wirtschaftschaft hätte periodischen Mangel an Arbeitskräften auch überstanden.
Fast könnte man glauben, der ganze Aufwand, Ausländer ins Land zu holen,
um sie dort wie unerwünschte Fremde zu behandeln, habe lediglich der Vorbereitung
des heutigen Zustands gedient. Wem der freilich nützen soll, bleibt ein Rätsel.
PS.:Am 7. Oktober 1992 meldete die "FAZ", Bundesfamilienministerin Merkel
habe sich dafür ausgesprochen, "Völkerkunde zum regulären Unterrichtsfach
in den Schulen zu erheben. Auf diese Weise sollte andere Kulturen für junge
Menschen faßbar gemacht werden." Der Einwand, daß Völkerkunde
nur ein anderer Name für Rassenkunde sei sticht deshalb nicht, weil Aussehen,
Mimik, Gebären und Kleidung von Ministrin Merkel den aufklärerischen Gedanken
dementieren, welcher die Gleichsetzung von Rassenkunde und Völkerkunde zu einer
Kritik an der letzteren macht. Jeder öffentliche Auftritt der Ministerin beweist,
daß die deutsche Frau" keine Erfindung deutschfeindlicher Propaganda
ist.
Vortrag von W.Pohrt, gehalten auf der Tagung "Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus
und das Europa von morgen", die am 3. Oktober 1992 in der Münchner Volkshochschule
stattfand, aus: konkret 11/92
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Most recent revision: April 07, 1998
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Martin Blumentritt