Auschwitz-Lüge
Das Ausmaß und die gleichsam technisch-fabrikmäßige Methode der
Tötung von großen Menschenmassen durch Giftgas aufgrund ihrer "rassischen"
und kulturellen Andersartigkeit machen die nationalsozialistische Judenvernichtung
zu einem einzigartigen Phänomen in der Geschichte Europas (einschließlich
der Sowjetunion), durch seine Größenordnung auch unvergleichbar und unfaßbar
für den normalen Menschenverstand. Die Dimension dieser Greueltaten hat zur
Folge, daß viele Deutsche - in deren Namen sie ja geschehen sind - sie nicht
wahrhaben wollen oder aus ihrem Bewußtsein zu verdrängen suchen.
Bestimmte Kreise wollen diese Verbrechen aber nicht nur nicht wahrhaben, sondern
versuchen mit allen Mitteln, sie zu verharmlosen oder abzustreiten. Ihr Standpunkt,
daß nicht sein kann, was nicht sein darf, führt sie dazu, historische
Fakten einfach zu leugnen - unter fadenscheinigen Vorwänden wie: es fehle das
Dokument (der Befehl Hitlers etwa), das die Sache ausgelöst habe. Es wird argumentiert,
da es ja keinen schriftlichen Befehl zur "End]ösung der Judenfrage"
gebe, habe diese gar nicht stattgefunden! (Tatsächlich hat aber Himmler in
mehreren Reden deutlich gemacht, daß er in dieser Sache auf Befehl Hitlers
handelte.) Das entspricht etwa der Argumentation: Wenn die Durchhalte-Befehle Hitlers
nicht schriftlich vorlägen, hätte die Tragödie von Stalingrad nicht
stattgefunden, auch wenn diese wie andere historische Ereignisse durch Hunderttausende
erlebt und bezeugt wurden.
Die Rechtsradikalen, die die Geschichte ungeschehen machen, sie revidieren wollen,
nennen sich "Revisionisten". Tatsächlich sind sie Apologeten des
Nationalsozialismus, egal, ob sie deutscher. französischer, kanadischer, US-amerikanischer
oder sonstiger Nationalität sind. Sie behaupten, wissenschaftlich zu argumentieren,
mißachten aber die einfachsten Regeln der kritischen Geschichtswissenschaft.
Dokumente und Aussagen von Beteiligten, deren Inhalt ihren Behauptungen zuwiderläuft,
werden nicht etwa kritisch erörtert und analysiert, sondern negiert oder als
gefälscht oder unter erpresserischem Druck zustande gekommen bezeichnet, gleich,
ob es sich um das Tagebuch der Anne Frank oder um die Niederschrift des Kommandanten
von Auschwitz, Rudolf Höß, handelt. Es wird auch immer wieder behauptet,
viele wichtige Dokumente der Kriegsjahre seien noch von den Alliierten beschlagnahmt,
geheimgehalten und nicht zugänglich. In Wirklichkeit gibt es wohl keine andere
Periode der deutschen Geschichte, deren innere und äußere Entwicklung
so gut dokumentiert und erforscht ist wie die Jahre von 1933 bis 1945. Die deutschen
Akten, die sich in westalliierter Hand befanden, sind heute frei zugänglich,
und zwar zum größten Teil im Bundesarchiv Koblenz, im Auswärtigen
Amt in Bonn und in anderen öffentlichen Archiven.
Die Revisionisten negieren Forschungsergebnisse, die ihnen nicht passen, oder versuchen,
sie lächerlich zu machen. Sie werden deshalb mit Recht immer häufiger
"Negationisten" genannt. Sie beziehen sich mit Vorliebe auf ihresgleichen,
schreiben voneinander ab. Durch ständiges Wiederholen derselben Argumente in
Büchern, Aufsätzen und Pamphleten soll diesen Glaubwürdigkeit verliehen
werden. Obwohl sie anderen vorwerfen, gefälschte Dokumente zu benutzen, fabrizieren
sie selbst Fälschungen (siehe Lachout-Dokument), argumentieren mit erfundenen
Zahlen und versuchen mit plumpen Methoden zu "beweisen", daß es
gar keine Vergasungen gegeben habe (siehe LeuchterReport).
Die Argumentation der Revisionisten ist zwangsläufig dilettantisch, parteiisch
und unseriös, da sie die Realität verleugnen. Jede Rechtfertigung der
nationalsozialistischen Herrschaft geht auf Kosten der intellektuellen Redlichkeit
und der Menschenwürde all derer, die unter ihr gelitten haben. Von juristischer
Seite wurde durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. September 1979 entschieden,
daß das Leugnen der Judenverfolgung und -vernichtung im "Dritten Reich"
eine Fortsetzung der Diskriminierung der betroffenen Menschen bedeute und somit
strafbar sei. Dieser Grundsatz ist 1985 unter der inoffiziellen Bezeichnung "Gesetz
gegen die "Auschwitz-Lüge" auch in das Strafgesetzbuch aufgenommen
worden.
Hellmut Auerbach in: Legenden Lügen Vorurteile
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Most recent revision: April 07, 1998
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Martin Blumentritt