Der bio-ethische Diskurs in der BRD und die "Bioethik-Konvention"
der EU
Der folgende Text bezweckt, eine einführende Übersicht über einige
Anfänge und über den derzeitigen Stand der Bio-Ethik-Debatte in der BRD
zu geben, wobei die sog. "Bioethik-Konvention" der Europäischen Union
(EU) im Mittelpunkt steht. Spezielles Vorwissen sollte nicht nötig sein. Er
beruht im wesentlichen auf der Arbeit und auf den Erkenntnissen von Frauen, die
sich mit dem Themenkomplex "Bio-Ethik - Gen- und Reproduktionstechnologien"
auseinandergesetzt haben. Der Text wurde von einem Mann verfaßt und folgt
dem Manuskript eines Vortrags im Antifa-Café Dortmund von Februar 1995.
1. Die "Singer-Affäre"
Als Einstieg und um deutlich zu machen, "wie alles anfing" (auch und gerade
in Dortmund), will ich an die "Singer-Affäre" erinnern.
1989 lud die "Lebenshilfe für Geistigbehinderte e.V." zum "Europäischen
Symposion Bio-Technik - Ethik - Geistige Behinderung" ein. Eine der Veranstaltungen
des Symposions sollte sich der Frage nach dem Lebensrecht schwer geschädigter
Säuglinge widmen, einer der geladenen Referenten war Dr. Peter Singer von der
australischen Monash University.
Gruppen der Behindertenbewegung, die von dem im Verborgenen vorbereiteten Symposion
erfahren hatten, war Singer kein Unbekannter. In seinem - gemeinsam mit Helga Kuhse
verfaßten - Buch "Should the Baby Live?" (Melbourne, 1985) hatte
Singer sich bereits deutlich gegen ein uneingeschränktes Lebensrecht aller
Menschen ausgesprochen.
"Im Gegensatz zu anderen Befürwortern der Früheuthanasie wagen sie
sich bis zur aktiven Tötung behinderter Säuglinge vor. (...) Definitive
Aussagen machen Kuhse/Singer über die Lebensqualität behinderter Menschen.
Dabei übernehmen sie nicht nur die gesellschaftliche Werthierarchie, in der
geistig behinderte Menschen auf der untersten Stufe stehen; sie beschreiben ferner
genauestens, worin der mindere Wert Behinderter besteht: Akzeptiert werden jene
Behinderten, die aller Voraussicht nach einmal ein hohes Maß an Selbständigkeit
erreichen. (...) Bei den Körperbehinderten wer- den jene favorisiert, deren
Behinderung nicht sichtbar ist".(1)
Singer formuliert die Angst Nichtbehinderter, für die - besonders für
Männer - nichts unerträglicher ist, als die Vorstellung, von Anderen abhängig
zu sein. Aus der Sicht eines nichtbehinderten Mannes reduziert sich das Leben von
beeinträchtigten Menschen auf "Abhängigkeit" und bloßes
"Leid". Beseitigt werden soll nicht, wie Singer behauptet, das "Leid"
behinderter Menschen, sondern beseitigt werden soll die Konfrontation, die behinderte
Menschen in einer auf dem Mythos des unabhängigen, autonomen Subjekts, auf
der Versicherung des "Nichts ist unmöglich" beruhenden Gesellschaft
für die eigene "nichtbehinderte" Lebensweise darstellen.
Gemeinsam gelang es Gruppen der Krüppel- und der Frauenbewegung, Antifa-Gruppen,
der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie und vielen anderen, die
Öffentlichkeit über die Absichten der Lebenshilfe, dem Euthanasie-Propagandisten
Singer ein Forum für seine mörderischen Absichten zu bieten und das Lebensrecht
behinderter Menschen in Frage zu stellen, zu informieren und dagegen zu mobilisieren.
Die Lebenshilfe mußte schließlich alles absagen.
Der Dortmunder Professor für Geistigbehindertenpädagogik, Anstötz,
engagierter Vertreter Singer'scher Ideen, hatte die Gunst der Stunde genutzt, Singer
ebenfalls einzuladen. "Haben schwerstbehinderte neugeborene Kinder ein Recht
auf Leben?" sollte der Vortrag Singer's am 9. Juni 1989 an der Dortmunder Uni
lauten. Erfreulicherweise gelang es auch hier in Dortmund einem breiten Bündnis
- u.a. der IbS -, einen effektiven und erfolgreichen Widerstand zu organisieren,
so daß Singer wieder ausgeladen wurde.
Zu einem brisanten und breit diskutierten gesellschaftspolitischen Thema wurden
Singer's Euthansie-Vorstellungen erst von der ZEIT gemacht. Sie diskreditierte jene
Position, die darauf beharrte, daß das Lebensrecht von Menschen nicht in Frage
zu stellen und nicht diskutierbar sei, indem sie unter der Behauptung, das seien
"Denk- und Redeverbote" und es müsse die "Freiheit der Wissenschaft"
verteidigt werden, eine Kampangne lancierte, mit der der Begriff des "lebensunwerten
Lebens" und die Euthanasie als Möglichkeit zu dessen Beseitigung erneut
propagiert und legitimiert werden sollten.(2)
In den folgenden etwa drei Jahren gelang es den GegnerInnen der Tötungspläne
oft, ähnliche Veranstaltungen zu verhindern und den Diskurs über "Lebensrecht
- Organwegnahme - Euthanasie - Sterbehilfe" in etwa in der Schwebe, d.h. ohne
eindeutige Entscheidung zu halten. Der Ausbreitung der entsprechenden Gedanken konnte
jedoch nicht Einhalt geboten werden. Die rassistische Formierung der BRD-Gesellschaft,
revisionistische Bestrebungen zur Leugnung des nazistischen Völkermordes an
den Juden, der im Gesundheitsreformgesetz festgeschriebene Abbau öffentlicher
Hilfen, die zunehmende Infragestellung des Solidarprinzips in den Sozialversicherungssystemen
u.a. bildeten eine "bessere" Grundlage zur Durchsetzung von Selektions-
und Lebenswert- bzw. Lebensunwert-Vorstellungen.
Die Singer-Fans und die Propagandisten der Bio-Ethik haben den Widerstand ernst
genommen und aus ihm gelernt.(3) Sie haben vor allem
auf zwei Ebenen gearbeitet: 1. ideologisch-inhaltlich, wo sie besonders die weit
verbreitete Diskussion um "Tierrechte und Tierschutz", Umweltschutz und
Abtreibung nutzen konnten, um den Bio-Ethik - Diskurs voranzutreiben; 2. durch Aufbau
einer Forschungs-, Publikations- und Lehreinfrastruktur.
Sie haben Mitstreiter geworben, Lehrstühle besetzt und vor allem an den Hochschulen
- besonders unter kritischen WissenschaftlerInnen - ihre Positionen ausgebaut. (4) Sie fühlen sich seit spätestens 1993 so
stark, daß sie eine neue Offensive zu versuchen wagen. Wie weit eine "Schwächung"
des Widerstands in Folge der Differenzen und Diskussionen etwa zwischen Frauen-
und Krüppelbewegung um Fragen der High-Tech-Medizin oder die unheilige Allianz
zwischen EuthanasiegegnerInnen und Lebensschützern diese Offensive begünstigt
oder gar von ihr bewußt ausgenutzt wird, sei dahingestellt.
Die Tötung von bestimmten Menschen, die Verneinung eines allgemeinen Lebensrechtes
steht zwar bei Singer und stand auch anfänglich beim Widerstand im Vordergrund,
sie bildete jedoch lediglich einen Ausschnitt aus der umfassenderen "Praktischen
Ethik" (5) bzw. aus der sogenannten "Bio-Ethik".
2. Bio-Ethik
Bio-Ethik ist eine Teildisziplin der Ethik, die sich, ausgehend von den USA, wo
die Gen- und Reproduktionstechnologien am weitesten durchgesetzt waren, seit den
1970er- Jahren ausgebreitet hat. In den USA ist sie bereits seit 1971 ein eigener,
fest etablierter interdisziplinärer Lehr- und Forschungsbereich, der über
etliche Lehrstühle und Institute verfügt.
Das "Bio-" im Begriff resultiert aus der Tatsache, daß ethische
Entscheidungen in gen- und reproduktionstechnologischen sowie in biotechnischen
bzw. den Medizin- Wissenschaften gesucht werden sollen. "Bio" beschreibt
den wissenschaftlichen Problemkreis, für den Legitimationen gesucht werden.
Die genannten Wissenschaften wollen unsere Leiblichkeit, "die nur selbst erfahren,
aber niemals technisch ermittelt werden kann", zum Verschwinden bringen. Sie
wollen lebendige und sterbliche Menschen auflösen in eine "technisch reproduzierbare
und handhabbare Ansammlung von Molekülen", in eine Aneinanderreihung von
Genen, in "ein Ensemble verteilbarer 'vitaler Gesundheitsressourcen'",
in ein "wandelndes Immunsystem" und einen "fötalen Behälter".(6) Daher konnten sich die Experten, die die Bioethik-Konvention
der EU ausarbeiteten, nicht einmal mehr darauf einigen, was ein Mensch sei. All
das, was Mensch-Sein ausmacht, die gesamte Vielfalt menschlicher Lebensweisen und
-formen wird soll im bioethischen Diskurs auf den abstrakten Begriff "Leben"
reduziert werden - aus dem ungeborenen Kind im Mutterleib wird "ein Leben",
aus einem Menschen eine Person, aus dem gestorbenen Menschen eine Sache.
Der Begriff "Bio-" verweist auf den Bereich von "Bio-Macht"
bzw. "Bio-Politik". (7) Gesetzliche Regelungen,
Ethikkommissionen und nicht zuletzt die Bio-Ethik-Konvention formulieren den Anspruch
der Macht, "das Leben in einem Bereich von Wert und Nutzen zu organisieren".
(8) Wie es funktioniert, daß die Bio-Ethik ihre
Urteile außschließlich nach Prinzipien der Nützlichkeit und der
Güterabwägung sucht und findet, demonstriert Singer's Utilitarismus (9) auf's Deutlichste (Stichwort: QALYs, quality adjusted
life years (10)). Konkrete Menschen erscheinen in
dieser Sicht als abstrakte "Bevölkerung", als politisch, wissenschaftlich,
biologisch und ethisch zu regulierendes und zu verwaltendes Phänomen. Die zunehmende
Verstaatlichung von nur noch als "Biomasse" betrachteten Menschen zielt
auf die optimierende Regulierung der generativen Reproduktion der Bevölkerung.
Für die Einzelnen bedeutet das gleichzeitig, immer nach vorne, in die strahlende
Zukunft ewiger Gesundheit und vollständiger Leidfreiheit blicken zu sollen.
Der individuelle Körper als Objekt der Bio-Macht soll fit werden: wir alle
sollen unsere Disposition zu normalem bzw. abnormalem Leben untersuchen; wir sollen
uns präventiv daraufhin untersuchen lassen, ob wir die psychologischen, gesundheitlichen
und eugenischen Voraussetzungen für unseren Beitrag zur Sicherung der optimalen
Reproduktion der Population beitragen können. (11)
Die neuen Technologien technisieren soziale Verhältnisse (Beispiel: in vitro-Fertilisation,
pränatale Diagnostik, das Verhältnis der Eltern zu ihren - vielleicht
beeinträchtigten - neugeborenen Kindern, u.a.), enttabuisieren sie (Euthanasie
ist wieder diskutierbar) und führen zu ihrer Unterwerfung unter staatliche
Kontrolle (Sterbehilfe). Sie verschieben die Grenze zwischen dem privaten und dem
öffentlichen Bereich (z.B. des Sterbens) und schaffen damit einen scheinbar
zwingenden Bedarf für die Begründung einer neuen Grenze. Dort setzt die
Bio-Ethik an. So ist es nur folgerichtig, daß Ludger Honnefelder, Sprecher
der "Forschungsarbeitsgemeinschaft Bioethik in NRW" (FAG) und Leiter des
Bonner "Instituts für Wissenschaft und Ethik" (IWE) und seine Gesinnungskameraden
den spezifischen Charakter des ethischen Diskurses in seiner auf das praktische
Handeln zielenden Verständigung sehen. (12) Sie
versuchen, das technisch Machbare als das, was auch erlaubt sei, zu legitimieren
und über das Zauberwort "Verständigung" (terminus technicus
der Bio-Ethiker: "consent engineering") die Existenz und die Legitimation
jeglichen Widerstandes zu leugnen und auszuschließen. Das Beharren auf der
Ablehnung bestimmter Techniken wird mit dem Zauberwort "Fundamentalismus"
verteufelt, (13) GegenerInnen werden als "antiliberale
Moralapostel" und "gefühlsduselige Laien" abgestempelt.(14)
Der starke Drang nach praktischer Anwendung steht auch bei Hans Martin Sass, dem
Leiter des Zentrums für medizinische Ethik der Ruhruni Bochum, im Vordergrund:
er fordert ohne Wenn und Aber den Ethiker als Politik- und Akzeptanzberater und
Ethik als Dienstleistungsfunktion für einen kapitalistisch organisierten Markt.(15)
Neben dem Wunsch der Ethiker nach Pfründen, Geld und sozialem Prestige spricht
der männliche Gestaltungs- und Herrscherwille aus den meisten Veröfentlichungen
der Bio-Ethiker: so auch im FAG-Antrag, wo sich die Ethiker explizit die Federführung
bei den Forschungsprojekten auf Kosten der Naturwissenschaftler vorbehalten.
3. Die Infrastruktur der Bio-Ethiker in der BRD
Vor allem in der biomedizinischen Ethik gibt es bereits seit Jahren eine Reihe von
Forschungsgruppen in der BRD, die mehr oder weniger lose miteinander kooperieren;
sie arbeiten an Themen wie Genomanalyse, "Verteilungsprobleme in der Medizin"
(also: wer bekommt noch welche Leistung? wer muß leider krank bleiben oder
sterben?), "Suizid und Krankenhaus", "Tod und Sterben", u.a.
(16) Die wichtigsten institutionalisierten bioethischen
Forschungseinrichtungen sind: (17)
1) das "Zentrum für medizinische Ethik", 1986 an der Ruhruniversität
in Bochum von "einem der ersten und vielleicht einflußreichsten Bioethiker
Deutschlands" Prof. Dr. Sass, gegründet; (18)
2) das "Forschungsinstitut für Philosophie" in Hannover, 1988 unter
den Auspizien und mit finanzieller Hilfe der Katholischen Kirche gegründet.
Die Gründung war Ergebnis der kirchlichen Auseinandersetzung um die Bioethik;
Ziel des Instituts ist eine angewandte Philosophie an der Grenze zwischen Philosophie
und Religion, wobei besonders Anthropologie, Naturphilosophie, Sozial- und Wirtschaftsethik
eine Rolle spielen;
3) das "Zentrum für Ethik in den Wissenschaften" an der Universität
Tübingen. Es wurde 1990 gegründet und ist vermutlich das ambitionierteste
Unternehmen in diesem Bereich. Seine Arbeit ist interdisziplinär und zielt
durchgängig besonders auf die ethischen Aspekte der Naturwissenschaften. Schwerpunkte
sind biotechnologische Innovationen (gentechnisch veränderte Organismen, Genetik
und Landwirtschaft, Genom-Analyse, genetisch konstruierte Tiere und Mikroorganismen).
Das Institut verfügt über zwei Professoren-Stellen, deren Inhaber Philosophie
mit Biologie und Medizin verbinden sollen. Außerdem organisiert es das erste
Ausbildungsprogramm für Doktoranden im bioethischen und medizin-ethischen Bereich.(19)
4) die "Akademie für Ethik in der Medizin" (AEM), die bereits 1986
mit einer interdisziplinären Mitgliedschaft gegründet wurde (Schwerpunkte:
Medizin und Rechtswissenschaften). Sie hat zur Zeit etwa 110 Mitglieder, der Zugang
steht nur denen offen, die zwei Fürsprecher beibringen können. Die AEM
ist Herausgeberin einer der insgesamt zwei Zeitschriften für angewandte Ethik
in der BRD: der Ethik in der Medizin (die andere heißt Ethik und Sozialwissenschaften).
Ziele der Akademie sind 1. die Organisierung einer auf die konkrete medizinische
Praxis gerichteten Diskussion, 2. die Veranstaltung von Fortbildungsveranstaltungen
zum Thema medizinische Ethik, die sich an Ärzte und Krankenschwestern richten,
und 3. die Bildung von Studiengruppen, die sich zu kontrovers diskutierten Themen
äußern, also Politikberatung.(20)
5) Mit dem "Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsg Mit dem "Schwerpunktprogramm
der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)" organisiert und finanziert die
DFG die übergreifende Grundlagenforschung in der Bio-Ethik. Nach ihren Worten
geht es um folgendes: "Auf den in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft
steigenden Bedarf nach einer Reflexion der ethischen Konsequenzen des eigenen Handelns
antwortet die philosophische Forschung teils durch eine begründungstheoretische
Beschäftigung mit ethischen Grundfragen, zunehmend aber auch durch die Erörterung
anwendungsbezogener Ethikprobleme." Im Bericht zur Forschungsperspektive 1993
bis 1996 heißt es erweiternd dazu, daß in der Öffentlichkeit die
Diskussion über Anwendungsfragen der Ethik erheblich zugenommen habe, so daß
die Philosophie gefordert sei, "sich stärker auf Anwendungsfragen einzulassen
und ihr Potential zur Problem- und Begriffsklärung auch auf aktuelle Probleme
(Wirtschaft, Gentechnologie, Computertechnologie, Ökologie, usw.) zu beziehen."
Auch hier steht also die Anwendung als Politikberatung im Vordergrund. Eine Vermittlung
beider Ansätze sowie die Intensivierung der innerphilosophischen Erörterungen
solle mit dem Schwerpunktprogramm "Philosophische Ethik - Interdisziplinärer
Ethikdiskurs" versucht werden. (21) Die DFG förderte
das Schwerpunktprogramm von 1987 bis 1992 mit insg. 6.7 Mio DM in Form von Sachmitteln.
Seit Sommer 1991 laufen Vorbereitungen für eine Fortsetzung bzw. Neubeantragung.
Aus dem Schwerpunktprogramm wurden u.a. Birnbacher (Dortmund), Sass und Körner
(Bochum) gefördert. Ergänzt wird das Schwerpunktprogramm durch ein Graduiertenkolleg
"Ethik in den Wissenschaften" an der Universität Tübingen. Die
Kollegiaten erforschen "Chancen" und "Risiken" wissenschaftlich-technischer
Innovationen. "Das Graduiertenkolleg soll einen Beitrag leisten zur Überwindung
des Ausbildungs- und Forschungsdefizits an wissenschaftsethischer Expertise, wozu
das von sieben Fakultäten getragene Zentrum für Ethik in den Wissenschaften
die notwendigen Voraussetzungen bietet", heißt es. Das Kolleg umfaßt
die vier Bereiche Grundlagenfragen der Wissenschaftsethik, Ethik in der Medizin,
Ethik in der Biologie sowie Ethik und Recht.
(6) Einige der von der DFG geförderten Bio-Ethiker sind außerdem Mitglieder
der "Forschungsarbeitsgemeinschaft Bioethik in Nordrhein-Westfalen (FAG)":
nämlich Birnbacher, Sass und Toellner. Die Arbeitsgemeinschaft wurde 1989 gegründet;
ihr gehören 25 Mitglieder (24 Herren, eine Dame) an. Ihre Arbeit wird wesentlich
vom Land NRW gefördert und kann durchaus als klandestin bezeichnet werden.
Die Arbeiten der FAG führten unmittelbar zur Gründung des Bonner "Institut
für Wissenschaft und Ethik (IWE)" am 28. Januar 1994. Träger des
IWE sind die Universitäten Bonn und Essen, die Deutsche Forschungsanstalt für
Luft- und Raumfahrt sowie die Kernforschungsanstalt Jülich. Das Institut ist
als bio-ethische Denkfabrik zwecks Organisierung von Akzeptanz für die Bio-
und Gentechniker konzipiert. Das IWE "hat sich daran gemacht, sämtliche
bisher formulierten ethischen Positionen radikal zu hinterfragen. Ethische Tabus
sollen entfallen und das Terrain freimachen für den Einsatz der neuen Technologien."
(22) Bereits seine erste, öffentlich durchgeführte
Tagung machte dies deutlich: Nachdem der Entwurf für die Bioethik-Konvention
der EU gegen den Willen ihrer Autoren öffentlich bekannt geworden war, gingen
die Bio-Ethiker in die Offensive und führten Anfang Mai 1994 eine Tagung durch,
auf der "angesichts der Verschiedenheit der europäischen Ethosformen und
Rechtstraditionen" ein "europäischer Konsens" (23) gefunden und zu diesem Zweck die Konvention propagiert werden
sollte. Arbeitsfelder des IWE sind vornehmlich die Organwegnahme, die Humangenetik
und die Genetik der Tiere und Pflanzen.
Die Bio-Ethik-Konvention der Europäischen Union
Diese Konvention heißt offiziell "Entwurf eines Übereinkommens zum
Schutz der Rechte und der Würde der Menschen bei der Anwendung von Biologie
und Medizin: Bioethik- Konvention". Sie geht zurück auf Beschlüsse
der europäischen Ministerkonferenz von 1985 in Wien und der europäischen
Justizminister in Edinburgh, welche dazu führten, daß im September 1990
das "Ad-Hoc-Committee on Bioethics" gebildet und beauftragt wurde, einen
Rahmen zu erarbeiten, der "gemeinsame, allgemeine Standards zum Schutz der
menschlichen Person im Kontext der Entwicklungen der biomedizinischen Wissenschaften
festlegt." (24) Im November 1992 wurde das Ad-Hoc-Committee
in "Steering Committeee" (Lenkungsausschuß) umbenannt und politisch
aufgewertet, indem es einen "full legal status" erhielt - ohne jemals
parlamentarisch oder sonstwie legislativ legitimiert worden zu sein. Die Arbeitsgruppe
des Steering Committee's, die den Konventionstext ausarbeitete, bestand aus acht
Männern; sie bereiteten unter bewußter Vermeidung einer öffentlichen
Diskussion den Konventionstext vor.
Die Konvention ist als Ergänzung der europäischen Menschenrechts-Charta
gedacht und soll wie diese völkerrechtlich bindende Wirkung haben. Eine Beteiligung
der etwa 400 Millionen Menschen, die im Geltungsbereich der Bioethik-Konvention
leben, war nie vorgesehen; die Konvention sollte genauso unauffällig im Europäischen
Parlament verabschiedet werden wie sie vorbereitet worden war.
Nach dem für ihre Autoren unerwarteten Bekanntwerden setzte eine heftige Kritik
kirchlicher Verbände, von Abgeordneten der Grünen und der SPD, von Fachschaften,
politischen Initiativen, Behindertenorganisationen, usw. an ihrem Text ein. Daraufhin
konnte der SPD-Bundestagsabgeordnete und Leiter der parlamentarischen Versammlung
des Europarats, Robert Antretter, die für Anfang Oktober 1994 geplante Verabschiedung
der Konvention blockieren. (25) Der Entwurf wurde
jedoch nicht gekippt, sondern in einer kaum veränderten Fassung Anfang Februar
1995 erneut auf die Tagesordnung gesetzt und mit großer Mehrheit verabschiedet.
Die Vordenker der Konvention, der Lenkungsausschuß, soll am 27. März
1995 erneut beraten, im Juni soll dann das Ministerkommittee endgültig entscheiden
und noch vor Jahresende soll die abschließende Abstimmung im Europäischen
Parlament über die Bühne gehen. Im letzten Jahr hatte es die CDU/CSU/FDP-Mehrheit
des Deutschen Bundestags übrigens noch abgelehnt, daß sich das Parlament
mit der Bioethik-Konvention befassen solle, bevor die Bundesregierung sie unterzeichnen
würde; Ende Januar 1995 debattierte der Bundestag dann doch und lehnte die
Konvention einhellig ab (mehrheitlich deswegen, weil sich das nationale Parlament
vom Europarat übergangen fühlte).(26) So
weit zur Vorgeschichte und zum Demokratie-Verständnis der Bio-Ethik-Propagandisten.
Die Bioethik-Konvention ist juristischer und organisatorischer (vorläufiger)
Abschluß der bio-ethischen Bestrebungen in Europa. Da gerade in der BRD -
leider als einzigem Mitglied der EU - ein starker, weil gesellschaftlich verankerter
Widerstand gegen Gen- und Reproduktionstechnologien existiert(e), wird auf dem Umweg
über "Europa" versucht, den Durchbruch zur gesellschaftlichen Durchsetzung
zu schaffen. Andererseits taugt eine europäische Konvention, die von der BRD
nicht unterzeichnet ist, nur halb soviel, so daß man auf europäischer
Ebene gerne noch ein wenig auf die BRD zu warten bereit ist.
Die Konvention geht von einem "verpersönlichten" Verhältnis
zwischen Mensch und Technik aus; sie begreift Technologie nicht als eine Denk- und
Produktionsform, die von der gelebten sozialen Realität nicht gelöst werden
kann,(27) sondern als Angebot an autonome Individuen
("mündige Bürger"), die gegebenenfalls vor gewissen Folgen der
Anwendungen dieser Angebote geschützt werden müssen. Der technologische
Angriff, den die Gen- und Reproduktionstechnologien auf spezifische Lebens- und
Arbeitsweisen (z.B. auf eine Lebensweise mit einer Beeinträchtigung) bedeuten,
verschwindet in dieser Sichtweise hinter dem "Selbstbestimmungsrecht",
das darauf beharrt, selbstbestimmt nutzen zu dürfen, was die Technologie alles
so anbietet.
Die Konvention beschäftigt sich ausschließlich auf der von Seiten der
Atomiker sattsam bekannten und dort genauso verkürzten und verfälschenden
Ebene der "Chancen und Risiken" mit den Gen- und Reproduktionstechnologien.
Wo die Grenzen zwischen einer "Chance" und einem "Risiko" liegen
sollen, definiert die Konvention in Form von in 32 Artikel gegossenen ethischen
Vorschriften. Einige davon, nämlich die, die in der medialen Öffentlichkeit
am umstrittensten waren, werden hier vorgestellt.
Über allem thront laut Konventionstext die "Freiheit der Wissenschaft"
(Art. 14), begrenzt angeblich durch gewisse Schutzbestimmungen. Bei näherem
Hinsehen stellt sich jedoch heraus, daß der Artikel festlegt: Erlaubt ist,
was machbar ist! Dieses grundsätzliche Argumentationsmuster - etwas zu verbieten
und das Verbot durch etliche Ausnahmeregelungen in eine Erlaubnis umzudrehen - durchzieht
die gesamte Konvention.
Artikel sechs definiert den Schutz von "beschränkt urteilsfähigen
Personen". Er lautet (in der Fassung vom Oktober 1994):
"Eingriffe an geschäftsunfähigen Personen (28)
und an Personen, die, obgleich sie geschäftsfähig sind, nur über
eine beschränkte Urteilsfähigkeit verfügen, sind nur erlaubt, wenn
sie dem unmittelbaren therapeutischen Nutzen dieser Personen dienen und unter Einhaltung
der gesetzlichen Schutzbestimmungen durchgeführt werden. In den beiden folgenden
Fällen können an einer geschäftsunfähigen Person ausnahmsweise
und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen [nicht-therapeutische/bzw. Eingriffe
ohne direkten individuellen Nutzen] durchgeführt werden, wenn ein erheblicher
Nutzen erzielt werden kann und sofern ein ausreichender Schutz der geschäftsunfähigen
Person gewährleistet ist: - zum Zweck der medizinischen Forschung, bei der
das Risiko für den Probanden vernachlässigbar und die Belastung minimal
ist, sofern eine gleichermaßen effektive Forschung an geschäftsfähigen
Personen nicht durchgeführt werden kann und der Forschung keine gleichermaßen
wirksame Alternativmethode zur Verfügung steht; - zur Entnahme von regenerativen
Geweben zum Zweck der Transplantation zwischen Personen mit enger persönlicher
oder familiärer Beziehung, sofern kein geschäftsfähiger Spender oder
keine gleichermaßen wirksame Alternativmethode zur Verfügung stehen."
Nicht nur hier steht das Forschungsinteresse als Maßstab im Vordergrund, nicht
nur dieser Artikel macht die in kapitalistisch organisierten Ökonomien übleiche
Ausbeutung körperlich: Menschen dürfen ohne ihre Zustimmung zur Beute
gemacht und ausgeplündert werden. Gewissermaßen nebenbei fließt
hier die rassistische Einteilung von Menschen in "wertvollere" und "wertlosere"
ein: letztere, die geschäftsunfähigen Personen, dürfen zu Menschenversuchen
oder als Lieferanten "regenerativen Gewebes" "zum Zweck der medizinischen
Forschung" benutzt werden. In einer ersten Fassung waren auch noch pauschal
"übergeordnete Interessen" als Ausnahme angegeben. In der im Februar
1995 verabschiedeten Fassung wurde die erste Ausnahme gestrichen.
Artikel 15,2 verbietet "die Herstellung menschlicher Embryonen ausschließlich
zu Forschungszwecken." Wofür Embryonen dennoch produziert werden dürfen,
bleibt offen.
Artikel 16 lautet: "Eingriffe in das menschliche genom dürfen nur aus
präventiven, therapeutischen oder diagnostischen Gründen und nur insoweit
durchgeführt werden, als sie nicht mit dem Ziel der Keimbahnmanipulation erfolgen."
Abgesehen davon, daß es kaum nachzuweisen dürfte, daß "Keimbahnmanipulation"
das Ziel eines genetischen Eingriffs war, geht aus einem Begleitpapier zum Konven-
tionsentwurf hervor, "daß diese Regelung in einigen Jahren im Lichte
der biomedizinischen Entwicklungen überdacht werden muß." (29) Das bedeutet, daß das scheinbare Verbot eine faktische
Ermächtigung zu "biomedizinischen Entwicklungen" darstellt, derem
jeweiligen Forschungsstand Schutz und Würde des Menschen angeglichen werden.
Artikel 17 besagt: "Gentests zur Prognose von Erbkrankheiten, oder Gentests,
durch die die genetische Disposition für eine Krankheit festgestellt werden
könnte, dürfen nur aus Gesundheitsgründen oder zum Zweck der damit
verbundenen wissenschaftlichen Forschung durchgeführt werden." Mit diesem
Artikel werden die Weichen für die genetische Durchleuchtung des Einzelnen
und zur eugenischen Sanierung der Bevölkerung gestellt. Bereits existent sind
- vor der Öffentlichkeit versteckt gehalten - solche Programme zum genetischen
Screening von Neugeborenen in Magdeburg und Mainz. Artikel 18 der Konvention bestimmt
darüber hinaus, daß die ermittelten Testergebnisse auch "an Stellen
außerhalb des Gesundheitswesens" weitergegeben werden dürfen. Die
entsprechenden Einschränkungen dieser Erlaubnis sind wiederum völlig vage
formuliert. Der brisante Bereich der Organtransplantation soll in einem Zusatzpapier
zur Konvention geregelt werden. Die dafür eingesetzte Arbeitsgruppe soll einen
Handlungsrahmen schaffen, der die "Organbeschaffung von Verstorbenen fördert",
den "Organhandel verhindert" und "die bevorzugte Berücksichtigung
von Empfängern ausschließt." Organtransfer gilt als selbstverständlich,
die Autoren des Papiers wollen lediglich sicherstellen, daß Medizin und Bioindustrien
den äußerst profitablen Organmarkt selbst bewirtschaften können.
5. Den Rahmen sprengen - gegen den Bioethik-Diskurs!
Ethik soll wie ein "Ethik-Automat" funktionieren: "Problem"
rein - Legitimation/Entscheidung raus, bzw. Entscheidung steht fest (wer soll nicht
mehr oder wer soll wie leben/Gesundheitsreformgesetz, Pflegeversicherung) und die
Ethik-Maschine produziert eine wissenschaftlich-objektiv-universelle, und damit
gerechte Begründung, der kaum zu widersprechen ist. So werden z.B. Menschen
von den Bio-Ethikern als strukturierte Ansammlung von Teilen - Organen, Genen -
definiert, die "der Menschheit" insgesamt als Resourcen gehören,
die dann irgendwie gerecht und vernünftig verteilt werden müssen. (30) Der britische Arzt David Bihari benutzt bereits einen Computer
für solche "gerechten", weil "objektiven" Entscheidungen:
er benutzt ein Programm, das alle Daten eines schwerkranken Menschen daraufhin auswertet,
mit welcher Wahrscheinlichkeit dieser eine 90tägige Behandlung überleben
wird. "Kommt die Maschine zu einem 'Nein', leuchtet als Symbol ein schwarzer
Sarg mit einem weißen Kreuz auf." Angeblich hat das Programm eine "Trefferquote"
von 95%.(31)
Die EU-Konvention ist die letzte Konsequenz einer bestimmten Logik und Denkweise,
die in der Aufklärung als patriarchales Projekt entwickelt wurde und uns allen
unter der Bezeichnung "Naturwissenschaften" bekannt ist. Wegen dieses
grundsätzlichen Charakters wäre eine "bessere" Konvention, eine
"demokratisch" zu Stande gekommene und auf Konsens beruhende Konvention
keine Alternative. Sie enthielte dieselben Gedanken und Wertvorstellungen, beruhte
auf demselben Gedankengebäude und teilte das Verständnis von dem, was
"ein Mensch" und was "Natur" sei. Sie wäre eine sozial
abgefederte, netter verpackte licence to kill. Eine Reform der Konvention ist nicht
möglich - die einzige Alternative ist ihre Verhinderung.
Die Denkweise und die Art von Wissenschaft, auf der die Konvention beruht, klassifizieren
Menschen, ordnen sie in Typen und teilen den so entstandenen Klassen Rechte und
Resourcen zu. Wohlgemerkt: ein Mensch soll "Rechte" und "Würde"
nicht aus sich heraus haben, sondern einzig durch die Zugehörigkeit zu einer
bestimmten Klasse - und die wird ganz wissenschaftlich-neutral wie im Falle des
Sterbehilfe-Programms berechnet. (32)
Diese Wissenschaft und diese Konvention formulieren, wie die Gesellschaft werden
und wie und was "Mensch" sein soll. Daher hat es überhaupt keinen
Sinn, innerhalb des von Bio-Ethikern gesetzten Rahmens zu diskutieren: wie soll
ein "Konsens" in der Frage, ob schwerbehinderte Neugeborene umgebracht
werden sollen, oder ob ich mich weigern darf, mir eine Niere wegnehmen zu lassen,
denn aussehen?
Die Fragestellungen der Bio-Ethiker gehen grundsätzlich vom technisch Machbaren
aus. Weder fragen sie nach dem Charakter, der Struktur einer solchen Wissenschaft
noch nach gesellschaftlichen Kontexten. Sie versuchen, uns eine dichtome "ja/nein,
erlaubt/verboten"- Fragestellung aufzuzwingen, die, überspitzt formuliert,
der NS- Fragestellung gleicht (und die ebenso wissenschaftlich-objektiv analysiert
wurde), ob die Juden vergast oder erschossen werden sollten.
Dem Diskurs der Bio-Ethiker kommt man nicht mit "besseren" Argumenten
bei, im Gegenteil: eines ihrer Ziele ist gerade das "manufacturing of consent",
die Herstellung eines gesellschaftlichen Konsens', der durchaus auch "kritische"
Anteile enthalten darf. Wir kommen dem Diskurs bei, wenn wir seine Voraussetzungen,
seine impliziten und bewußt verschwiegenen Annahmen und Ziele offenlegen.
Wenn wir den von ihm gespannten Rahmen sprengen und verlassen. Wenn wir z.B. den
patriarchalen Charakter von Wissenschaft thematisieren, oder wenn wir uns darüber
streiten, wie wir leben wollen; wenn wir den utilitaristischen Personenbegriff zurückweisen;
wenn wir Nichtbehinderten uns im direkten sozialen Verhältnis mit den Interessen
Behinderter konfrontieren statt auf unserer gesellschaftlichen Definitionsmacht
ihnen gegenüber zu beharren; oder wenn wir über den Zusammenhang von abstrakter
Individualität, sozialen Verhältnissen, patriarchaler Definitionsmacht
und Technologie nachdenken. Wenn wir die EU-Konvention zum Anlaß nehmen, in
einer Auseinanderstzung um die von ihr angesprochenen Themen den Widerstand gegen
den gesamten bio-ethischen Dreck zu verbreitern, dann hat sie ein Gutes.
Anmerkungen
1) Ewinkel, Carola; Degener, Theresia, in: Krüppel-Nichtkrüppel-Initiative
Frankfurt (Hg.): Materialmappe "Sterbehilfe", München 1988, zit.
nach: Tolmein, Oliver: Geschätztes leben. Die neue "Euthanasie"-Debatte,
Hamburg 1990, S. 15.
2) DIE ZEIT, Ausgaben vom 16. und 23. Juni, 14. Juli
und 25. August 1989.
3) Ein Musterbeispiel bietet Prof. Birnbacher, Philosophie-Prof.
an der Uni Dortmund, mit seiner Veranstaltung "Feministische Ethik" im
WS 94/95; Motiv für diese Veranstaltung, wie er selbst sagte - war zu untersuchen,
was die feministische Ethik zur Ethik überhaupt beizusteuern habe. Ich denke,
daß dies ein Versuch ist, den feministischen Widerstand zu unterlaufen und
zu integrieren - ganz im Sinne des "consent engineering" der Bio-Ethiker.
4) s. Birnbacher, Dieter: Entwurf eines Antrags an die
DFG auf Einrichtung eines Schwerpunktförderprogramms "Bioethik",
Dortmund 1993, zit. als Birnbacher, DFG-Antrag, hier: S. 9.
5) So lautet der Titel eines weiteren Singer-Buches.
6) Feyerabend, Erika: Bioethik: Erlaubt ist, was dem
Markte dient, in: ak 372, 15. November 1994, S. 24f., zit. als: Feyerabend, Bioethik,
hier: S. 24.
7) Foucault, Michel: Sexualität und Wahrheit, Bd.
1. Der Wille zum Wissen, Frankfurt/Main, 1977.
8) ebd., S. 171.
9) Utilitarismus: nur, was dem Einzelnen oder der Gesellschaft
nutzt, nur, was das Gesamtwohl in der Summe vergrößert, ist "gut".
10) Singer, Peter: Which Babies are too Expensive
to Treat? in: BioEthics, Vol. 1, No 3, 1987.
11) Rebentisch, Juliane: Zurück in die Zukunft,
in: Eichhorn, Cornelia; Grimm, Sabine: Gender Killer, Berlin 1994, S. 25-38.
12) Honnefelder, L.; Gethmann, C.F.; Schwemmer, O.;
Siep, L.: Antrag auf Gewährung einer Sachbeihilfe, Bonn 1991, zit. als: FAG-
Antrag, hier: S. 3.
13) Gethmann, einer der Hauptmacher des IWE, und sein
Kollege, der Genetiker Georg Fey, etwa lehnen in ihrem IWE-Projekt "Ethische
Probleme von Keimbahnmanipulationen" sogar das gesetzliche Verbot der sog.
"Keimbahntherapie" in der BRD als "fundamentalistisch" ab (Weß,
Ludger: Die Rechtfertigung des Machbaren, in: Junge Welt, 15. Dez. 1994, S. 1).
14) Wieviel Gesundheit verträgt der Mensch? in:
Das Sonntagsblatt, 3. Febr. 1995, S. 1.
15) Feyerabend, E.; Fuchs, U.; Kobusch, W.: Forschung
nach dem Erlaubtsein des Machbaren. Institut für Wissenschaft und Ethik - Die
Denkfabrik für Rechtfertigungsargumente, zit. als: Feyerabend, Denkfabrik.
16) Birnbacher, DFG-Antrag, S. 9.
17) Leist, Anton: Bioethics in a Low key: A Report
from Germany, in: Bioethics, Vol 7, no 2/3, 1993, S. 271-279.
18) Weitere Infos in: Wechselwirkung xxx
19) Institut und Ausbildungsprogramm erhielten bereits
hohe Geldzuwendungen von der DFG. Prof. Birnbacher macht eifrig Reklame dafür.
20) "Die Beratung von Entscheidungsträgern
in Politik, Verwaltung und Wirtschaft, besonders die Beratung des Gesetzgebers,
in allen Fragen, die medizin-ethisch relevant sind, wird von einer Reihe von Mitgliedern
der AEM regelmäßig wahrgenommen." (Akademie für Ethik in der
Medizin e.V.: Ziele und Arbeitsweisen, Göttingen 1992, S. 11, zit. nach: E.colibri
Nr 9./10, S. 49).
21) Schwerpunktprogramme haben innerhalb der DFG eine
hervorgehobene Bedeutung.
22) Stellmach, Claudia: Von Tabubruch zu Tabubruch,
in: WoZ Nr. 42, 21. Oktober 1994, S. 18f.
23) so die Einladung zum Robert-Schumann-Symposium
"Biomedizinische Ethik in Europa" am 4. Mai 1994 in Bonn.
24) Europäisches Parlament, STOA, Bioethics in
Europe, Final Report, Luxembourg 1992, S. 257f.
25) Zusammengefaßt nach: Internationale Initiative
gegen die geplante Bioethik-Konvention und das europäische bioethische Netzwerk:
Das Ethos der Wissenschafrt - Wo steht die Bioethik in Europa?, o.O. 1994; Jobst,
Paul: Bioethik und die parlamentarische Selbstentmachtung, Duisburg 1994; Feyerabend,
Bioethik.
26) Das Sonntagsblatt, 5. Februar 1995; Junge Welt,
3. Februar 1995; Süddeutsche Zeitung, 28. Januar und 2. Februar 1995.
27) Buchmann, Sabeth: Formkontrollen, in: Eichhorn,
Cornelia; Grimm, Sabine: Gender Killer, Berlin 1994, S. 39-48, hier: S. 42.
28) "incapacitated persons" im Original;
das sind alle Personen, die wegen einer Geisteskrankheit, einer geistigen Beeinträchtigung,
physischer Krankheit oder beeinträchtigung, hohen Alters, chronischen Drogengebrauchs
nicht in der Lage sind, verantwortliche Entscheidungen in bezug auf ihre eigene
Person zu treffen.
29) Council of Europe, Steering Committee on Bioethics:
"The Draft Convention for the protection of human rights and dignity of the
human being with regard to the application of biology and medicine: Bioethics Convention",
doc. CDBI/INF (93)3 vom 18. November 1993, S. 3.
30) Diese Fragestellung wird beispielsweise in dem
FAG-Antrag angesprochen.
31) "Der Computer, der Gott spielt" - Britischer
Arzt fordert "Entscheidungshilf e" bei Schwerkranken. Süddeutsche
Zeitung, 26. August 1994. Auch die deutschen Euthanasie-Befürworter Hegselmann
und Meggle experimentieren mit Computern zur Berechnung der "Lebensberechtigung"
von Menschen. Siehe auch: Pretorius, Ina: Wenn die Ethikautomaten rattern, in: Woz
Nr. 42, 21. Oktober 1994, S. 17f.
32) Dementsprechend machte Birnbacher sich in einer
Stellungnahme zur Auseinandersetzung um Singer auch ausschließlich Gedanken
darum, ob denn die Ethik ein Tötungsverbot ausreichend begründen könne
(Analyse & Kritik 12(1990)2), womit er implizit sagt, daß Töten erlaubt
sei, falls es nicht gelingt, ethische Gründe dagegen zu finden.
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Most recent revision: April 07, 1998
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Martin Blumentritt