Ökofaschismus

Im Ökofaschismus, dem ökologisch modernisierten Faschismus, erkennen wir alle genannten Elemente faschistischer Herrschaftsform zum Teil in ökologisierten Begründungszusammenhängen, wieder Die größte Verantwortung für die Zerstörung der Natur durch die kapitalistische Produktionsweise tragen, so die Ökofaschisten, die Opfer eben jener Produktionsweise, im besonderen die Menschen im Trikont. Sie versauen durch ihre bloße Existenz das Klima der höherwertigen, zivilisierten, 'weißen' Menschen in Europa.
Ökofaschisten kennen zwar Eliten und 'unwertes Leben', aber keine sozialen Klassen. In den Zentren sind 'wir alle' angeblich gleichermaßen an der Zerstörung der Natur schuld. Der Mensch steht nach Auffassung der Ökofaschisten, feindlich in der Natur und ist nicht ihr besonderer Teil. Andererseits sagen sie, daß der Mensch kein soziales Wesen, sondern biologisch und genetisch, also von Regeln der Natur, außerhalb des Menschen, determiniert sei. Von ihnen ist er angeblich so abhängig, daß die Einflüsse der sozialen Umwelt - und damit soziale Verantwortung - praktisch bedeutungslos sind.
Ökofaschistische Dogmen entstehen aus oberflächlichen Beobachtungen in der nichtmenschlichen Natur und durch Ubertragung dieser vermeintlich 'natürlichen' oder 'ökologischen' Regeln auf soziale Verhältnisse.
Ökologie wird so zur ordnungspolitischen Kategorie. Aus den Regeln der menschenlosen Natur, die soziale Prozesse ausschließt, leiten Ökofaschisten ihre 'Werte' ab. Aber im Gegensatz zum Menschen kennen Tiere und Pflanzen weder Selbstreflexion noch Selbstbestimmung oder gar Befreiung. Wesenselement des Ökofaschismus wird so die Unterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse, verklärt als biologische oder 'natürliche Ordnung'. Darin liegt einer seiner Berührungspunkte mit der Esoterik. Ökofaschismus heißt: Stabilisierung von oben und unten, Unterwerfung des Individuums unter patriarchal-kapitalistische Herrschaft und Ausbeutung. Naturschutz und Ökologie werden zum Kampfbegriff gegen die Emanzipation des Menschen. So sehr ÖkofaschistInnen den Raubbau an der Natur beklagen, so sehr ignorieren sie systematisch den Raubbau an der menschlichen Arbeitskraft.
Der angebliche 'Respekt' der ÖkofaschistInnen vor den verschiedenen menschlichen 'Rassen®, vor der genetischen Vielfalt des Menschen, ist selbst blanker Rassismus und eine Voraussetzung für die Vernichtung menschlichen Lebens. Menschen unterscheiden sich nach sozialer Klassenzugehörigkeit, nach Geschlecht, nach vielfältiger Herkunft, durch ihre Geschichte, durch Erfahrungen. Das sind Unterschiede genug. Die Behauptung der Existenz verschiedener menschlicher 'Rassen' war nie etwas anderes als ein ideologisch begründeter Mythos.
ÖkofaschistInnen, so sanft, biologisch anbauend und dezentral sie auch auftreten mögen, wollen den starken Staat, Eliten und die Strafandrohung für 'unnatürliches' abweichendes Verhalten (von der Abtreibung bis zur Homosexualität). Die aggressive, imperialistische Expansion der 'biologisch Höherwertigen' wird als wehrhafte Verteidigung gegen angebliche Menschenfluten getarnt oder als militärischer Einsatz im Trikont zum angeblichen Schutz der Natur (zum Beispiel Grünhelme).
Wer den Menschen als Feind der Natur sieht, minderwertige menschliche 'Rassen' zu erkennen meint und die Natur vor 'den Menschen' schützen will, verrät sich irgendwann durch eine Sprache mörderischer Gewalt. Da werden Menschen zu 'Asylantenfluten', da bedrohen 'Bevölkerungsexplosionen' und braune und schwarze 'Menschenlawinen' die weiße Ordnung: 'biologische Elite' und ökonomische Herrschaft. Der sogenannte Lebensschutz gilt stets nur für die 'weiße, arische Rasse'. Gegen zu viele minderwertige Menschen hilft -im Namen des Naturschutzes - Bevölkerungspolitik mit Zwangssterilisation, Selektion, demnächst Menschenzucht mit Hilfe der Gen- und Reproduktionstechnologie und gelegentlich Völkermord, zum Beispiel durch die kaum bekämpfte epidemische Ausbreitung von Aids unter den Ärmsten in Afrika, oder notfalls die Atombombe (Gruhl).
Wer leugnet, daß der Mensch ein soziales Wesen ist, wer Emanzipation verachtet und vermeintlich biologische Regeln menschlichem Verhalten aufpfropft, wer daran glaubt, daß es höherwertige Menschen gibt und deren Vermehrung aggressiv durchsetzen will, braucht Bevölkerungspolitik und die Verfügungsgewalt über die weibliche Sexualität und damit den Zugriff auf die menschliche Fortpflanzung. So sind im Ökofaschismus ein reaktionäres Frauenbild und der sogenannte Lebensschutz nicht voneinander zu trennen. Die Gesellschaftsform, die entstünde, setzten sich ökofaschistische Positionen durch, wäre eine auch ökologisch legitimierte faschistische Diktatur, modernisiert durch Gen- und Reproduktionstechnologie und die modernen Kommunikationstechnologien.
Die herrschende Wissenschaft richtet sich nach den Gesetzen der Kapitalverwertung, wie wir nicht nur an den Beispielen der Gen- und Reproduktions- und der Atomtechnologie sehen. NaturwissenschaftlerInnen sind damit in eine Logik eingebunden, die - wenn sich die ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse entsprechend entwickelt haben - auch die systematische Verwertung und Vernichtung von Menschen möglich macht.
Esoterik und Faschismus überschneiden sich in der scheinbaren Entpolitisierung der Menschen, die sie tatsächlich für reaktionäre Politik öffnet, dem knallharten Egokult, der Unterwerfung vor dem Jenseits, dem Kosmos oder einem Führer und in einer vollständig antisozialen, antihumanistischen und antiaufklärerischen Orientierung. Esoterik bereitet die Überführung der patriarchal-kapitalistischen Herrschaft in den Faschismus, also die extreme kapitalistische Herrschaftsform, vor.

aus: J.Ditfurth, Entspannt in die Barbarei. Esoterik, (Öko-)Faschismus und Biozentrismus S.22ff

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Most recent revision: April 07, 1998

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